Stadtplanung der TU

Die Forschenden vom Ostkreuz

Die Berlinerin Paola Alfaro d'Alençon leitet das U-Lab und das Projekt für die Brachfläche am Markgrafendamm.
Die Berlinerin Paola Alfaro d'Alençon leitet das U-Lab und das Projekt für die Brachfläche am Markgrafendamm. Zur Foto-Galerie
Rudolfkiez - Es gibt eine Sandwüste in Berlin, die bald nicht mehr ist. Zumindest wenn es nach den Studenten vom U-Lab der TU Berlin geht. Seit einem Jahr arbeiten sie daran, dass die Vorhaltefläche der A100 am Markgrafendamm von den Anwohnern und Initiativen rund um den Bahnhof Ostkreuz frei gestaltet werden kann. Die Idee, Freiflächen vorübergehend zwischenzunutzen ist nicht neu. Wie haben die Initiatorin des U-Lab getroffen und ihren Studenten bei der Arbeit über die Schulter geschaut.

Vor dem Bahnhof Ostkreuz liegt eine trichterförmige Sandfläche. Die soll eigentlich erst verschwinden, wenn der Bau der A100 auch in Friedrichshain ankommt. Ob mit der Autobahn alles nach Plan läuft oder nicht, das ist ein paar angehenden Stadtplanern, Architekten und Urban Designern von der Technischen Universität Berlin ziemlich egal. Denn bis zum Bau bleiben mindestens zehn Jahre. In dieser Zeit wollen sie die Vorhaltefläche für die Autobahn nutzen, um den umliegenden Kiezen etwas Gutes zu tun.

Dass sich was regt am Markgrafendamm, darüber haben wir hier schon berichtet. Aber wer sind die Köpfe hinter der Idee, und wie weit sind sie mit der Planung schon gekommen? Oder ist die Zwischennutzung der Fläche am Ende nur schöne Spinnerei?

Die Ideenschmiede für die Brache ist im Moment vor allem das Urban Research and Design Laboratory der Technischen Universität Berlin, kurz U-Lab. Im Jahr 2010 wurde es als Schnittstelle zwischen Lehre, Forschung und Praxis initiiert. Das heißt, Studierende dürfen sich hier an konkreten Projekten in ihrem zukünftigen Job probieren.

Der Kopf des Planungslabors trägt ein Lächeln auf den Lippen, halblanges Haar und einen exotischen Namen: Paola Alfaro d’Alençon ist selbst Berlinerin und hat das U-Lab gegründet. Erst hat sie hier nur geforscht, dann auch Seminare zur Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort angeboten. Angefangen hat das mit einem Seminar zu Lichtenberg als nicht-gehyptem Ort und der Überlegung, welche Rolle improvisierte Stadtgestaltung dort spielen kann. Außerdem hat das U-Lab schon ein Projekt zum Tempelhofer Feld und ein Planungslabor zur Oberen Stadtspree hinter sich.

Jetzt geht’s ums Ostkreuz

Ein Jahr lang läuft das „Vor-Ort-Labor am Ostkreuz“ schon. Zuerst haben Paola und ihre Studenten herausgefunden, wer sich in den Kiezen ums Ostkreuz engagiert und welche Interessen Bahn, Stadt und Anwohner haben. Jetzt geht es an die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.

 

Die Studierenden arbeiten in Gruppen an der Umsetzung ihres Projekts. Eine beschäftigt sich mit der Öffentlichkeitsarbeit für die Zwischennutzung. Sie wollen etwa Schaukästen mit Nutzungsideen an der Fläche aufstellen. Außerdem waren sie rund ums Ostkreuz unterwegs und haben mit Anwohnern über die geplante Zwischennutzung gesprochen. Noch wüsste kaum jemand von den Plänen um die Brachfläche, erzählen sie. Aber alle reagierten positiv auf die Idee, dass etwas getan werden könnte auf der Fläche, die bisher dunkel ist und eigentlich permanent nach Baustelle aussieht. Anwohner wünschten sich vor allem einen Aufenthaltsort für ihre Freizeit und eine neue Grünfläche in ihrem Kiez, ansonsten gingen die Meinungen darüber, was mit der Fläche passieren soll, weit auseinander.

Urban Gardening und Co: Entwurf für die Nutzung der Fläche.
Zum Glück ist die Brache am Markgrafendamm so groß, dass mehrere Ideen umgesetzt werden können. Darum haben andere Studenten und Studentinnen die Brache entsprechend ihrer Charakteristika gesplittet, sie mosaikartig unterteilt und herausgefunden, wo man bestimmte Ideen am besten verwirklichen könnte. So wird klar, welcher Teil sich zum Gärtnern eignet und welcher eher für einen Spielplatz. Wieder andere überlegen, wie man die einzelnen Bereiche miteinander verbinden und die Anrainer der Brache in eine Zwischennutzung einbinden kann.

Das gemeinsame Ziel der zwölf Studierenden ist es, Anwohner, Vertreter der Stadt und der Bahn sowie Initiativen rund ums Ostkreuz in einer Bürgerwerkstatt zusammenzubringen, um gemeinsam zu überlegen, was möglich ist. Am 27. Januar wollen die Studenten des U-Lab ihre Ideen und Entwürfe erst mal den Initiativen vor Ort, Vertretern der Stadt und der Bahn vorstellen, um eine gemeinsame Grundlage für die Bürgerwerkstatt im Mai zu erarbeiten.

Viele Beteiligte, viele Probleme

Genau hier wird es aber schwierig. Schließlich wollen nicht alle das Gleiche – den einen geht es ums Geld, den anderen um mehr Lebensqualität. Außerdem gerät das Projekt, das für die Kieze so wichtig sein könnte, in größeren Institutionen manchmal in den Hintergrund. Im Sommer musste ein Termin auf der Fläche wegen der Bahn abgesagt werden, zu einem weiteren Treffen konnte Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeisterin nicht kommen. „Wenn so viele Akteure vor Ort sind, ist die Umsetzung immer etwas schwierig“, kommentiert Paola Alfaro d’Alençon diesen Umstand.

Planungsphase der Studenten.
Insgesamt ist sie trotzdem überzeugt von dem Projekt am Markgrafendamm. Wenn alle verstehen, dass es eine gute Chance ist, dann werden die Ideen der Studierenden auch umgesetzt, glaubt sie. Die Bahn ist schließlich schon im Boot und zeigte sich von den Konzepten des U-Lab bisher begeistert. Zwischen ihr und den Initiativen vor Ort gibt es schon einen Runden Tisch zum Areal am Ostkreuz und damit fruchtbaren Boden für weitere Projekte. Wenn auch die Stadt ihr Okay zur Zwischennutzung gibt, kann es losgehen. Auch weil sich in den Kiezen so viele Leute engagieren.

„Gerade in Berlin läuft viel über Initiativen, in denen die Menschen ehrenamtlich aktiv sind. Da steckt viel Engagement dahinter. Das wollen wir nutzen, um unsere Sache loszutreten“, erklärt Paola Alfaro d’Alençon. Und was wäre ihrer Meinung nach das beste Ergebnis für ihr Seminar? Paola wünscht sich, dass auch die Bahn und der Bezirk zum Learning Dialogue im Januar kommen, dass die Ideen der Studierenden wirklich durchgesetzt werden und dass alle Beteiligten die Bürgerwerkstatt im Mai vorantreiben. Schließlich sind es die Anwohner, die am Ende auf der Fläche aktiv werden und von ihr profitieren sollen. „Irgendwann verlassen ja auch wir den Raum“, erinnert die Professorin. Bis dahin wird auf der Vorhaltefläche der A100 aber mit Sicherheit noch eine Menge passieren.

Foto Galerie

TU Architekturgebäude, Straße des 17. Juni 152, 10623 Berlin

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