Uli Borowkas Meinung ist gefragt. Als QIEZ am vereinbarten Interviewort, einer Eisdiele in Adlershof, eintrifft, befindet sich der ehemalige Gladbach- und Bremen-Profi bereits in einem angeregten Gespräch mit zwei älteren Herren am Nebentisch. Es geht um Borowkas Äußerungen zum Schicksal des SV Werder, die am Vortag in den Medien für Schlagzeilen gesorgt haben. Sein Credo „es ist Zeit für Veränderungen“ wurde als Forderung nach einem Führungswechsel in Bremen interpretiert. In der Tat ist der 50-Jährige überzeugt davon, dass es dem Bundesligisten an Qualität mangelt und „in der Zusammenstellung viele Fehler gemacht wurden.“
Lange hatte sich Borowka aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, doch 2012 meldete er sich zurück und ist seitdem ein überaus gefragter Gesprächspartner. Zusammen mit seiner Frau und dem Journalisten Axel Raack brachte er im letzten Jahr seine Autobiografie heraus, die unter anderem Borowkas langen Kampf mit dem Alkohol schildert. Volle Pulle – Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker unterscheidet sich durch Offenheit und gesellschaftliche Relevanz von der Masse der deutschen Fußballer-Biografien, die eher hoffen, mit kleinen Sticheleien gegen Ex-Kollegen oder –Trainer zu punkten.
Ein Buch mit Wirkung
Mit der überwältigenden Resonanz auf das Buch hat der Ex-Profi nicht gerechnet; umso mehr freut sie ihn. Er habe tausende private Mails bekommen, erzählt Borowka. Auch betroffene Fußballprofis hätten sich bei ihm gemeldet. Borowka, der seit vielen Jahren trocken ist, begann bereits vor seiner sportlichen Karriere zu trinken. Bei ihm kamen viele Dinge zusammen: „Ich konnte nicht maßhalten und habe alles in mich reingefressen – Gefühle und Versagensängste“, berichtet er. Und plädiert für mehr Verständnis für die Fußballprofis von heute: „Es sind Menschen. Die reagieren wie alle anderen Menschen, haben auch Ängste.“ Der mediale Druck sei nach wie vor groß, meint Borowka – nach dem Suizid des ehemaligen Nationaltorwarts Robert Enke habe sich nicht viel verändert.
Seine Erfahrungen gibt Uli Borowka inzwischen auch bei Lesungen und Vorträgen weiter. Geplant ist außerdem die Gründung einer Stiftung, die suchtkranken Profis helfen und Präventionsarbeit schon in der Jugend leisten soll. Der Ex-Sportler steht dazu in Verhandlungen mit DFB und DFL. Hauptberuflich ist er im Sportmarketing tätig, veranstaltet Jugendfußball-Feriencamps und Fördertraining in den Vereinen.
Den modernen Profifußball verfolgt Borowka interessiert, ohne direkt involviert zu sein. Seine Meinung ist gespalten. Einerseits fehlen ihm Typen in den Mannschaften, „die dazwischenfunken“. Andererseits gibt es junge Abwehrspieler, vor denen selbst der Mann mit dem früheren Spitznamen „die Axt“ Respekt hat – wie den Brasilianer Dante bei Bayern München oder Mats Hummels von Borussia Dortmund. Letzteren hält Borowka für einen „klasse Abwehrspieler mit internationalem Format, der das Spiel über links und rechts eröffnen kann.“ Außerdem habe Hummels „das Herz am rechten Fleck“.
Golfspielen in Bad Saarow, Bootstouren auf dem Müggelsee
Borowka wohnt mit seiner zweiten Frau, einer Berlinerin, und der gemeinsamen Tochter in Adlershof. Ihm gefällt die Gegend, obwohl es die gleichen Probleme wie überall gebe. „Die City ist mir zu hektisch“, sagt der frühere Profisportler. Außerdem sei man von Adlershof ebenfalls schnell überall. Wie viele (ehemalige) Profifußballer spielt Borowka in seiner Freizeit gerne Golf und hat dabei ein einstelliges Handicap erreicht. Er ist Mitglied im Verein Gofus, in dem Ex-Fußballprofis Spaß am Golf und soziales Engagement verbinden. Die Heimat von Gofus ist das A-ROSA Golfresort in Bad Saarow, wo auch Borowka häufig anzutreffen ist. „Wenn ich Lust und Zeit habe, fahre ich morgens um halb sieben raus und haue ein paar Bälle. Die Rehe kennen mich schon beim Namen“, erzählt er.
Wenn Borowka mit der Familie unterwegs ist, zieht es ihn eher an den Müggelsee – gerne auf eine Runde mit dem Boot. Auch das FEZ mit seinen vielen Veranstaltungen für Kinder hat es ihm angetan. Genauso wie die Köpenicker Altstadt mit Schloss und Hauptmann: „Die eine oder andere Stunde kann man dort gut verbringen“, findet Borowka. Die Einkaufsmöglichkeiten in Adlershof könnten jedoch besser sein: „Wenn wir wirklich groß einkaufen, dann fahren wir auch mal ins A10-Center nach Wildau“, erzählt der Familienvater.
Restaurantbesuche sind dagegen selten. Uli Borowka erfreut sich lieber an dem, was Frau und Tochter zuhause „zelebrieren“: vom Baumkuchen bis zu chinesischen Gerichten aus dem Wok. Wenn die Borowkas doch einmal einkehren, dann meistens bei der schon erwähnten Eisdiele Venezia in den Marktpassagen Adlershof, die das beste Eis in der Umgebung habe. Fast jeden zweiten Tag seien sie hier, erzählt der Ex-Fußballer, der selber Eis-Fan ist und die nussigen Sorten bevorzugt. Und seiner Tochter schmeckt es natürlich auch.
Uli Borowkas Biografie „Volle Pulle. Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker“ ist im Edel Verlag erschienen. Weitere Infos unter www.uli-borowka.de
Lesen Sie nächste Woche in unserer Reihe „Berliner Persönlichkeiten zeigen ihren Kiez“: Ruede Hagelstein.