Die Berliner Verwaltungs-Mühlen mahlen langsam. Und werden schließlich Entschlüsse gefasst, sind diese häufig zu teuer, zu kompliziert oder die wichtigen Entscheidungen fallen erst, wenn das Kind längst in den Brunnen gefallen ist. Dabei könnte alles so einfach sein. Bereits seit mehreren Monaten arbeitet Architekt Christopher Weiß mit ziemlich viel Idealismus an einem Konzept zur Erschließung und Aufwertung seines Heimatkiezes. Herausgekommen sind viele gute Ideen für das Gebiet rund ums Rathaus Tempelhof, die im Bezirk bisher leider auf taube Ohren stoßen.
Zentrales Projekt der Um- und Neugestaltung des Quartiers: Der Umzug der baufälligen und mit einem Sanierungsstau von rund 4,5 Millionen Euro belasteten Bezirkszentralbibliothek Eva-Maria-Buch-Haus in einen leer stehenden Anbau am Rathaus Tempelhof nur wenige Meter entfernt. Auf einer Fläche von 1.500 Quadratmetern lagern hier seit dem Auszug der BVV ins Rathaus Schöneberg vor allem Stühle. Dabei ließe der Bau als Bibliotheksstandort keine Wünsche offen, es gibt sogar eine ungenutzte Rasenfläche direkt vor der Tür, die als Lesegarten oder ähnliches genutzt werden könnte. Auch die publikumsfreundlichere Lage direkt am Tempelhofer Damm spräche durchaus für einen Umzug.
Den Wohnungsbau im Bezirk ankurbeln
Notwendige Mittel – etwa für Modernisierung und Umrüstung des 60er Jahre-Baus oder eine eventuelle Aufstockung um bis zu zwei Geschosse – könnten nach dem Abriss des heruntergewirtschafteten Eva-Maria-Buch-Hauses durch den Verkauf des frei gewordenen Grundstücks an der Götzstraße refinanziert werden. Vor allem in Sachen Wohnungsbau würde sich die 9.000 Quadratmeter große Fläche anbieten. Schließlich „gibt es hier im Kiez fast alles: Kita, Schwimmbad, Polizei und Rathaus – nur eben fast keinen Wohnraum“, erklärt Architekt Christopher Weiß. Um mehr Einkaufsmöglichkeiten in unmittelbarer Umgebung zu schaffen, möchte er außerdem zwischen dem Rathaus-Parkplatz und dem angrenzenden Wäldchen eine Markthalle mit Wochenmarkt errichten lassen. „Im Zuge der Baumaßnahmen würden wir auch den recht düsteren Wald vom Unterholz befreien und lichten“, so Weiß. Schließlich trauten sich viele Eltern spätestens mit Einbruch der Dämmerung nicht mehr auf den kleinen Spielplatz, der zwischen den Bäumen und der heutigen Bibliothek versteckt liegt.
Auch die benachbarte Kleingartenkolonie und das Stadtbad mit seinen vielen ungenutzten Wiesenflächen möchten Weiß und das Team des Projektentwicklungs-Unternehmens glockenweiß in ihre Planungen zum Quartier einbeziehen. Doch spätestens an dieser Stelle kommen wir zurück auf das anfangs genannte Problem: Ob und wie lange das Stadtbad noch von den Bäderbetrieben getragen wird, wo Tempelhof den lokalen Wohnungsbau voranbringen will und ob man überhaupt einen Umzug der Bezirkszentralbibliothek Eva-Maria-Buch-Haus in Erwägung zieht, ist völlig offen. Mit seinen Ideen für eine neue Platzgestaltung am Reinhardplatz, der derzeit vor allem als Parkplatz dient, ist Weiß jedenfalls schon mal gescheitert. Und auch alle anderen glockenweiß-Ideen für die Neue Mitte Tempelhof werden an den zuständigen Stellen bisher nicht weiter beachtet. Glücklicherweise gibt Weiß nicht so schnell auf: „Wenn man nichts macht, passiert auch nichts“, sagt er. Und trägt es mit Humor: „Ich kenne das – bin ja schließlich Berliner“, schmunzelt der Architekt.