Wir haben alle unsere Lieblingsgerichte aus der Kindheit. Nudeln mit Ketchup, Eierkuchen mit Apfelmus, Milchreis mit Zimt und Zucker. Bei mir als Besatzungskind (Großvater und Mutter als Amerikaner in Berlin) war es der Corndog. Ein Corndog ist eine ziemlich simple Angelegenheit. Ein Hot Dog Würstchen wird in Maismehl paniert, dann frittiert und in Senf oder Barbecue-Sauce gedippt. So einfach. Ich erinnere mich daran, dass ich als 8-Jährige in San Francisco meinen ersten Corndog essen durfte. Es war wie eine Offenbarung. Die deftige Wurst in einem süßen, krossen Mantel.
Langer Rede, kurzer Sinn, ich suche seit meinem achten Lebensjahr diese Köstlichkeit in Berlin wie Alice im Wunderland das weiße Kaninchen. Und ich habe sie gefunden. In Uncle Sam’s Diner. US-Trashküche original! Lee Mendelhall, der vor Jahren das deutsch-amerikanische Volksfest geleitet und die US-Armee und die John F. Kennedy Schule kulinarisch versorgt hat, kocht alles nach Originalrezept. Als ich ihn frage, woher er das kann, sagt er lapidar: „Von Zuhause.“
Das Uncle Sam’s ist umgezogen. Früher in Zehlendorf, sitzt das Diner jetzt in der Schlossstraße, so neu, dass draußen noch ein großes Banner hängt. Es muss noch viel getan werden. Das Interieur sieht noch nicht nach einem typischen US-Diner aus. Der Raum ist recht dunkel, und weil meine Freundin mit Baby unterwegs ist, können wir wegen der strahlenden Sonne nicht draußen sitzen. Innen werden wir willkommen geheißen von Lee und seiner Familie. Wir sind Fremde, werden aber behandelt wie Freunde, die man ein paar Wochen nicht gesehen hat. Babyfotos auf dem Handy werden ausgetauscht, Lee erzählt, ich erzähle, meine Freundin erfreut sich an der Aufmerksamkeit, der ihrer kleinen Prinzessin geschenkt wird.
Und dann wird bestellt. Süßkartoffel-Pommes. Coleslaw, ein Riesenburger und natürlich typisch amerikanische Drinks wie Mountain Dew oder Rootbeer. Alles ist so gut, dass ich die komplette Bestellung nochmal aufgebe. Dass das Baby zwischendurch am Nebentisch gestillt wird und kurz brüllt, stört niemanden. Hier komme ich öfter her. Natürlich auch wegen der Corndogs.
Glutenfreies Ciabatta sucht man vergeblich
Und weil ich weiß, die Burger schmecken noch wie damals auf der J.F.K. Schule. Ohne Schnickschnack. Kein glutenfreies Ciabatta mit Kürbisschnitzelsprenkeln, keine cranberrysaftdurchzogenen Ziegenkäseschnitten mit herzhaftem Nussmuß. Einfach nur ein guter, ehrlicher Burger. US-Küche auf normalstem aber bestem Niveau. Der Ami mag sein Fast-Food, der Berliner seine Qualität. Hier trifft beides zusammen und macht satt und glücklich. Eine kleine Überraschung gibt es jetzt noch für die, die gerne selber Hand anlegen: Ein perfektes Rezept für Corndogs. Wer dieses dann beherrscht, darf mich gerne und jederzeit dazu einladen!