Die Verantwortlichen des Fußball-Zweitligisten Union Berlin gehen in die Vollen: Angesichts des angepeilten Aufstiegs in die 1. Bundesliga soll die Kapazität des Stadions an der Alten Försterei um sportliche 68 Prozent erhöht werden, von rund 22.000 auf knapp 37.000 Plätze. Finanzieren will das der Verein durch eigene Mittel und Sponsoren. Das Vorhaben ist inzwischen planungstechnisch auf dem Weg. Zunächst muss ein vorhabenbezogener Bebauungsplan vom Land Berlin abgesegnet werden, da es für das Stadiongelände keinen gültigen Bebauungsplan gibt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hat den Entwurf dazu Mitte Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt.
Neben dem Ausbau des Stadions möchte der FC Union auch ein Clubhaus errichten, in dem unter anderem Platz für Fanräume, eine Fankneipe und Büros sein soll. Der Bauantrag hierzu wurde separat gestellt. Zum Zeitplan der beiden Projekte gibt sich Dirk Thieme, Vorstandsvorsitzender der An der Alten Försterei Stadionbetriebs AG optimistisch: „Unser Ziel ist es, bis zum Sommer 2019 Planungsrecht für beide Vorhaben zu erlangen.“
Schon heute volle Bahnen
Doch natürlich stellt ein derart massiver Ausbau des Stadions infrastrukturell eine große Herausforderung dar. Wie kommen die Fans zur Alten Försterei und wieder weg, wenn es schon jetzt häufig volle S- und Straßenbahnen gibt? Was bedeutet eine Erweiterung für die Straßen der Umgebung? Wie sehr werden Nachbarn in Mitleidenschaft gezogen – die menschlichen Bewohner Köpenicks, aber auch die Tiere und Pflanzen in der angrenzenden Wuhlheide?
Erste Erkenntnisse dazu liefern die Gutachten, die dem B-Plan-Entwurf beigefügt sind. Eine Verkehrsuntersuchung (im Entwurfsstatus) betrachtet die Ist-Situation und stellt eine Prognose für die Zeit nach dem Ausbau. Demnach sind vor allem die S-Bahnen zwischen Köpenick und dem Ostkreuz sowie die Trams zwischen dem S-Bahnhof Schöneweide und der Alten Försterei rund um Union-Spiele bereits heute an der Kapazitätsgrenze. Engpässe für Fußgänger gibt es etwa auf den Treppen des Bahnhofs Köpenick oder den Gehwegen entlang der bevorzugten Zugangsrouten zum Stadion (Am Bahndamm und Hämmerlingstraße). Beim Autoverkehr sei vor allem die Parkplatzsituation in einigen umliegenden Quartieren schwierig. Für Radfahrer gebe es ebenfalls zu wenige Abstellmöglichkeiten in Stadionnähe. Immerhin: Insgesamt reisen ‚nur‘ knapp 30 Prozent der Fans mit dem Auto an.
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Das Gutachten hält die Verkehrssituation rund um ein auf 37.000 Plätze vergrößertes Stadion für beherrschbar. Allerdings seien dazu bei An- und Abreise der Fans je fünf Verstärkerfahrten der S-Bahn zwischen Köpenick und Ostkreuz sowie sechs bei der Straßenbahn zwischen Schöneweide und Alter Försterei nötig. Für die Straßenbahn wird sogar eine neue Bedarfshaltestelle am Stadion vorgeschlagen, die den normalen Linienverkehr nicht beeinträchtigt. Hier stellt sich die Frage, wie die notwendigen Planungen bei S-Bahn, BVG und Bezirk mit dem ambitionierten Zeitplan des Vereins in Einklang zu bringen sind.
Entlastung durch neue Schnellstraße
Die Parkplatzsituation ließe sich durch ein Parkhaus an der neuen Tramhaltestelle entschärfen, schlagen die Gutachter der LK Argus GmbH vor. Und die Autofahrer könnten ohnehin mittelfristig durch die Vervollständigung der nahen Tangentialen Verbindung Ost (TVO) auf Entlastung hoffen. Um deren Trassenführung wurde allerdings in den betroffenen Stadtteilen lange heftig gerungen und es scheint nicht sicher, ob schon das letzte Wort gesprochen ist.
Der für den Bebauungsplan notwendige Umweltbericht wird noch erstellt, ebenso ein Lärmgutachten. Im Sinne des Landschafts- und Artenschutzprogramms Berlin dürften vor allem die Auswirkungen auf die bewaldete Wuhlheide und die Ufer der Wuhle von Bedeutung sein, die nördlich und südlich vom Stadiongelände liegen. Das Stadiongrundstück selbst wurde bereits auf das Vorkommen von schützenswerten Biotopen und Pflanzen untersucht, ohne dass etwas festgestellt werden konnte.
So dürfte die Verkehrssituation, der Transport der Fans, zum springenden Punkt bei der Aufstellung des Bebauungsplans werden. Das Land Berlin hat gerade bekanntgegeben, einen eigenen S-Bahn-Fahrzeugpool aufbauen zu wollen, doch die ersten Züge daraus sollen erst 2026 in den Probebetrieb gehen. Vorher ist man also auf die Kooperation mit dem aktuellen Betreiber, der zur Deutschen Bahn gehörenden S-Bahn Berlin angewiesen. Ob es in dieser Konstellation gelingt, schnell zusätzliche Züge für Verstärkerfahrten zu organisieren? Oder mit der BVG eine neue Tramhaltestelle hinzubekommen? Es bleibt spannend, liebe Unioner!