Herr Loepelmann, wann haben Sie in Frohnau gelebt und welchen persönlichen Bezug haben Sie zur Johanneskirche?
Ich habe von 1935, da war ich vier Jahre alt, bis 1960 in meinem Elternhaus in der Zeltinger Str. 54 gelebt. Ein Jahr später zog ich mit meiner Familie nach Hamburg wegen der unerträglichen Mauer. Ich ging in Frohnau immer (zwangsweise) in den langweiligen Kindergottesdienst, wo ich von Pfarrer Toense über die Juden informiert wurde. Im Konfirmanden-Unterricht bei Pfarrer Karzig war es schon besser. Danach war ich in Bibelkreisen für Jugendliche. Aber auf meine Frage, warum Gott Auschwitz und das Kriegsgemetzel zuließ, gab es keine überzeugende Antwort. Als ich 19 Jahre alt war, trat ich deshalb aus der Kirche aus. Ich glaubte nicht mehr an den „gütigen Vater im Himmel“. Danach war ich nur noch selten in der Kirche. Meine Sympathie hat sie trotzdem immer noch, von Herrn Gauck abgesehen.
Wie kam es dazu, dass man Ihnen antrug, die Fenster für die Frohnauer Johanneskirche zu gestalten?
Gab es thematische, farbliche oder andere Vorgaben, wie die Fenster zu gestalten waren?
Nein, die gab es nicht. Ich wollte allerdings die damals gängigen Klischees und illustrative Motive vermeiden. Ich hatte inzwischen die gotischen Meisterwerke in Chartres und Paris gesehen und empfand damals Glasfenster in unserer Zeit sollten eher Teppiche sein, als modernistische Imitate vergangener Glorie.
Welche Gedanken haben Ihre Ideen beeinflusst?
Ich ging vom Naheliegenden aus, von den Fenstern in der alten Wittenauer Dorfkirche. Die hat preußisch schlichte „Butzenfenster“, das heißt kreisförmige Glasscheiben, die als Abfall bei der mundgeblasenen Antikglasherstellung anfallen. Ich wollte in der schlichten Ästhetik bleiben und begann mit Entwürfen, die auf Kreis und Quadrat basieren.
Wie kam es zu dem Regenbogen, den man in den Fenstern immer wieder findet?
Waren die Kirchenfenster ein Einstieg in Ihr vielfältiges künstlerisches Schaffen und was sind die wichtigsten Stationen Ihres Wirkens?
Nein, sie waren eher der Ausstieg. Denn die Finanzierung des Wiederaufbaues der Kirchen war weitestgehend abgeschlossen, es gab für die kirchliche Kunst keine Gelder mehr. Zudem war die mittelalterliche Bleiverglasung inzwischen von anderen neuen Techniken beispielsweise Dallglas/Beton überholt worden. In dieser Technik machte ich dann noch die Gesamtverglasung der Christuskirche in Berlin-Dahlem, am Thielplatz. Auch diese Technik ist kostspielig. Danach arbeitete ich mit sehr viel preiswerteren Techniken, mit Kunstharz, Vergoldung und Glasmosaik auf Trägerscheiben geklebt, beispielswiese für die ev. Kirche Tegel-Süd oder die ev. Kirche Südende. Wie ich hörte, sind diese Arbeiten zum Teil nicht so ausdauernd haltbar gewesen, wie die alten traditionellen Techniken.
Anlässlich Ihres 80. Geburtstages 2011 ehrte das Bezirksamt Reinickendorf in Kooperation mit dem Centre Bagatelle Ihr Schaffen mit der Ausstellung „Wo ist mein Ort. Götz Loepelmann. Malerei & Plastik“. Haben Sie eine Antwort gefunden auf die Frage wo „ihr“ Ort ist?
Ja. Das hat lange gedauert. Eine Lebensfrage. Es ist ein großer Unterschied: Heimat und Zuhause. Das Zuhause empfinde ich als mein Ort. Meine Heimat, das ist Berlin, Frohnau, Niederbarnim, alle diese zauberhaften Gegenden, Lübars, Stolpe, Sumt. Havel und Tegeler See, der Buddhatempel, der Poloplatz, die Glienicker Sandberge, und Umgebung. Das ist meine Heimat.
Mein Ort, mein Zuhause ist Teneriffa, mein Atelier, das Licht, das Meer, der heilige Berg Teide. Aber richtiger ist es zu sagen, mein Ort, mein Zuhause ist in mir. Der innere Ort: meine Phantasie, meine Gefühle, mein Leben, meine Freude und Liebe, mein Glauben und Wünschen, mein Schaffen – alles das kommt aus meinem Inneren und das entsteht hier. Man könnte mich sicher nicht verpflanzen, ohne dass sich mein Inneres sehr verändern würde. Dieser Vulkankegel meiner Insel hat eine starke Energie, die ich spüre, die mich trägt. Aber Heimat ist es nicht und kann es auch nie werden. Heimat und Zuhause, das ist wie Mutter und Geliebte. Mutter gibt es nur eine.
Herr Loepelmann, ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch.
Dieser Artikel wurde uns zur Verfügung gestellt von www.unserfrohnau.de.
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