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Ein bisschen heile Welt

Heinz Dykstra
Heinz Dykstra
Über 27 Jahren leitete er die Evangelischen Schule Frohnau. Ende Januar 2015 verabschiedete sich Heinz Dykstra in den wohlverdienten Ruhestand. Als Lehrer und Direktor prägte er über Generationen Schülerinnen und Schüler und machte die "EV" zur besten Schule Berlins. Unser Frohnau sprach mit dem bescheidenen Schulleiter, der die Schule wie kaum ein anderer prägte.
Ihre Wurzeln liegen in Niedersachsen. Was führte Sie nach Berlin? 
 
Berlin reizte mich seit einer Klassenfahrt in der zehnten Klasse. Da habe ich mein Herz für die Stadt entdeckt. Meine Schwester wohnte bereits in Berlin. Das war der familiäre Anlaufpunkt. Und zum Studium bin ich dann hergekommen.
 
Wie wurden Sie Schulleiter an der EV?
 
Zunächst war ich in Marienfelde an der Gustav-Heinemann-Oberschule als stellvertretender Schulleiter tätig und wohnte in Friedenau. Dann kam das Angebot hier die Schulleitung zu übernehmen. Da Pendeln durch die Stadt keine dauerhafte Lösung war, lebe ich mit meiner Familie seit Ende 1987 in Frohnau.
 
Die EV zählt zu den besten Schulen Berlins. Sind die Schüler der EV anders?
 
Jede Schule muss auf ihr Umfeld reagieren. Wir haben ein Umfeld mit einem hohen Anteil an Bildungsbürgern – sprich eine gebildete Mittelschicht –, die ihre eigenen Bildungsambitionen auf ihre Kinder überträgt. Schulische Bildung hat hier schon immer einen hohen Stellenwert gehabt. Hinzukommt die große, nahezu volkskirchliche Gemeinde in Frohnau. Und damit Familien, die ihre Kinder aus konfessionellen Gründen an unsere Schule schicken. Ebenfalls finden wir ein hohes Interesse an Kunst und Kultur. Auf all‘ diese Bedürfnisse gehen wir ein. Religiöse Erziehung, Musik, Kunst und Theater sind in der Schule wichtige Elemente der Bildung und keine lästigen Nebenfächer. Die Rahmenbedingungen für gute Bildung sind also gut. Auf der anderen Seite steht, dass von den Kindern hohe Leistungen erwartet werden. Das Abitur soll nicht nur erreicht, sondern auch noch mit sehr guten Noten bestanden werden. Manche Kinder werden da auch überfordert.
 
Wie geht man damit um, seit vielen Jahren regelmäßig die Schule mit der besten Abiturdurchschnittsnoten Berlins zu sein?
 
Wir hängen das eher tief. Wir gehen mit dem guten Ergebnis nicht hausieren. Fakt ist: unsere Schüler machen hier ein gutes, oftmals ein sehr gutes Abitur. Zu allererst ist das das  Verdienst der Schüler. Erst danach der Lehrer und der Schule. Seit dem Zentralabitur sind wir sogar weiter vorne als früher mit einem Schnitt zwischen 1,7 und 1,9.
 
Was sind die Gründe?
 
Wir sind eine kleine Schule. In der Oberstufe teilen wir die Lerngruppen, wenn die Schülerzahl 18 überschreitet. Im Durchschnitt sind es 14 bis 15 Schüler. Individuelles Eingehen ist dann eher möglich. Jeder Schüler ist im Blickfeld. Ein Teil der Abiturienten ist schon seit der Grundschule bei uns. Die Lehrer aus der Grundschule können ihre Informationen über die Schüler direkt weitergeben. Das ist wichtig, um im Gymnasium auf individuelle Stärken und Schwächen eingehen zu können. Hinzu kommt, dass das Bildungsstreben in den Elternhäusern aktiv unterstützt wird.
 
Ist der große Zulauf zu freien Schulen ein Zeichen für das Versagen der staatlichen Bildungspolitik?
 
So einfach kann man es sich nicht machen. Das könnte jetzt eine längere Diskussion werden. Sicherlich liegt der Zulauf auch an den vielen Zuzügen nach Berlin. Dazu kommt: Im Land Berlin wurde  viel an den Schulen experimentiert. Jahrgangsübergreifendes Lernen (JÜL) war beispielsweise ein Fehler. Wir haben da nicht mitgemacht. Das JÜL-Konzept war unterfinanziert und deshalb falsch. Ob es generell taugt, wurde nie durch empirische Vergleiche untersucht und bewertet. Auch die Früheinschulung, zum Teil mit fünf Jahren, ist aus meiner Sicht falsch. Außerdem: Dass das Berliner Schulwesen generell unterfinanziert ist, sieht man sofort. 

Schüler der EV kommen auch aus dem Umland und Innenstadtbezirken. Warum nehmen Eltern diese langen Wege für den Schulbesuch ihrer Kinder in Kauf?
 
Diese Frage müssten eigentlich die Eltern beantworten. Was mir berichtet wird ist, dass oftmals das evangelische Profil gesucht wird. Das ist aber in letzter Zeit etwas rückläufig, weil es mehr evangelische Schulen gibt. Das familiäre, überschaubare Umfeld wird gesucht. Auch ein bisschen die „heile Welt“. Für die Umlandgemeinden sind wir der nächste und einzige evangelische Schulstandort in greifbarer Nähe.
 
Was schätzen Sie persönlich an Frohnau?
 
Meine Frau hängt an Frohnau. Es ist unsere Heimat geworden. Ich schätze die unschlagbare Kombination aus kleinstädtischem Milieu, Ruhe, leichter Erreichbarkeit und die Möglichkeit in 25 Minuten mit der S-Bahn im Herzen einer Weltmetropole zu sein. Ich hoffe, das in Zukunft intensiver nutzen zu können. Die rekonstruierte Museumsinsel häufiger zu besuchen, das habe ich mir vorgenommen. Ohne den Trubel eines Klassenausflugs.
 
Dieses Interview wurde uns von Unser Frohnau zur Verfügung gestellt.

Quelle: Unser Frohnau

Evangelische Schule Frohnau, Benediktinerstraße 11, 13465 Berlin

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