Der Laden ist winzig und wirklich unscheinbar. Ideal, um ihn zu übersehen. Und ich bin so glücklich, dass ich ihn gefunden habe. Nicht weit von meinem Zuhause in Lichterfelde-West gibt es seit ein paar Wochen ein neues vietnamesisches Restaurant. Meine vegane Freundin Amanda hat es genau gegenüber dem Benjamin-Franklin-Krankenhaus am Hindenburgdamm entdeckt, als sie an einer Ampel warten musste. Sie ist ein (Tofu-)Trüffelschwein, was vegane Restaurants angeht.
Ich fahre jeden Tag hier vorbei, mir wäre das Minh Huy niemals als das besondere Kleinod aufgefallen, als das es sich herausstellt. Der Laden ist auch relativ leer, er muss wirklich bekannter werden. Die Freundlichkeit, mit der ich hier begrüßt werde, lässt mich daran zweifeln, ob ich nicht vielleicht schon längst Stammgast bin und es nur vergessen habe. In diesem Familienbetrieb fühle ich mich sofort wohl und werde angelächelt, als sei ich mehr als nur ein Gast. Jetzt schon ein Freund.
Die Karte ist wirklich erstaunlich groß, das Angebot ist recht umfangreich. Fast jedes Gericht gibt es in einer regulären und einer veganen Version. So wenig mir mein neuer veganer Lebensstil geschmacklich auch gefällt – mittlerweile esse ich aus ethischen Gründen einfach kein Fleisch mehr. Mir schmeckt leider kaum etwas, und ich probiere mich wirklich durch sämtliche vegane Rezepte und Restaurants. Irgendwann muss mir ja mal was wirklich richtig super schmecken. Hier werde ich endlich fündig. Als Vorspeise wähle Wantan Chay im hausgemachten Teigmantel, gefüllt mit Bio-Tofu und Gemüse, serviert mit süß-sauer Sauce für 3,80 Euro. Hier schmecke ich das fehlende Fleisch gar nicht, genieße die knusprigen Teilchen und trinke dazu eine sehr süße Limonade mit grünem Tee und Kumquats. Sehr erfrischend, beim nächsten Mal werde ich um etwas weniger Zucker bitten.
Bei den Hauptspeisen fällt es mir wirklich schwer, mich zu entscheiden. Vegane Frühlingsrollen, Reisnudeln mit Wildkräutersalat, goldene Tofuscheiben mit Knoblauch, viele Gerichte mit Mangosauce. Für Fleischfans gibt es Hüftsteak, Entenbrust, Huhn, außerdem die berühmte vietnamesische Phở-Suppe in drei Variationen, natürlich auch Garnelen, Bio-Lachs und Schweinegerichte. Ach, auf Ente hätte ich heute Lust. Ich muss auch nicht darauf verzichten. Skeptisch bestelle ich Entenbrustfilet aus Seitan, auf Gemüse mit Reis, dazu wähle ich Erdnusssauce. Das kann ja nicht nach Ente schmecken. Tut es auch nicht. Aber es sieht verdammt danach aus. Und es ist schön knusprig. Das „Fleisch“ darf man wahrscheinlich einfach nicht als solches wahrnehmen. Ich brauche ein paar Bissen, um mich an den etwas ungewohnten Geschmack zu gewöhnen und schlage dann richtig zu. Ich bin satt und glücklich, bevor der Teller leer ist, für 8,90 Euro wirklich prima. Mein Papa, der uns begleitet, bestellt Phở-Suppe, findet sie gut, ihm fehlt nur etwas Koriander. Den müssen wir beim nächsten Mal dazu bestellen, die Deutschen stehen wohl oft nicht auf den intensiven Geschmack, aber das sollte ja kein Problem sein.
Alles, was wir uns wünschen, wird schnell und mit herzerwärmend süßem Lächeln gebracht. Ich bin seit meinem ersten Besuch schon Stammgast und möchte, dass das Minh Huy möglichst viele Gäste in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren bewirten darf. Bitte. Natürlich gibt es in Steglitz andere tolle Restaurants, aber dieses hier hat eine wirklich besondere und liebevolle Aura. Und es bietet vegane Speisen an. Dafür steht Steglitz noch nicht ganz. Wahrscheinlich sind hier die Currywürste einfach zu gut!