Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das eine riesige Party im Mauerpark. Tanzende Leute, dröhnende Beats, ein Deluxe-Fest bis in den späten Abend. Mit 10.000 Feiernden wird gerechnet, wenn die Musiker Afrob, WassBass, Prinz Pi und auch die Electropop-Damen Laing für Stimmung sorgen, das Ganze moderiert von KIZ, einer Kreuzberger Rap-Formation. Winziger Haken an dem Event, das da gestern angekündigt wurde: Bis zu der Party sind’s noch ein paar Tage, denn die Musik gibt’s im Rahmen der Fête de la Musique auf die Ohren, am längsten Tag im Jahr, dem 21. Juni. Dieses Jahr ist es ein Donnerstag.
Am Sonntag, dem beinahe traditionellen Konzerttag im Mauerpark, ist ohnehin nicht mehr ganz so viel im Gange, und daran war in der letzten Zeit nicht nur das kühle Wetter schuld. Zahlreiche Touristen und Berliner kamen oft nur wegen des Karaokesingens im Amphitheater. Beinahe jeder Hauptstadt-Reiseführer greift es auf. Doch 2012 ist die „Bearpit Karaoke“ mehr Ausnahme denn Regel. Der nächste Singsonntag ist erst für den 17. Juni in Planung, dann folgen der 15. und der 29. Juli, allerdings nur bei passendem Wetter.
Bislang sind kaum alternative Veranstaltungen zum Karaoke angekündigt
Und wer sorgt in der Zwischenzeit für das Entertainment der Besucher? Eventuell Kleinkünstler, die den Mumm haben, es mit dem Amphitheater aufzunehmen. Dort ist es keine Seltenheit, wenn knapp 2000 Zuschauer das Karaokesingen bejubeln. Angemeldet wurden bisher jedenfalls nur wenige Veranstaltungen. Und es sieht nicht so aus, als wäre eine für Sonntag geplant, den etablierten Karaoketag.
Wie der Tagesspiegel berichtet hatte, will das Pankower Bezirksamt auch anderen Veranstaltern ermöglichen, in dem beliebten Park Gigs zu organisieren. Deshalb – und weil er Auflagen nicht einhalten soll – darf Joe Hatchiban mit seiner tragbaren Karaokeanlage nur noch zwölfmal jährlich auftreten. In den vergangenen Jahren war das Amphitheater allsonntäglich für Hatchiban reserviert. Garreth Lennon, so der richtige Name des Iren, tauchte spontan auf, bei passendem Wetter fast immer. Bislang sind nur ein paar Veranstaltungstermine eingeplant. Nach der Fête de la Musique beginnen am 23. Juni im Amphitheater monatlich stattfindende Diskussionsrunden der Stiftung Welt-Bürger-Park. Und das Volleyballsommerfest am 9. Juni auf dem Falkplatz gibt es weder an einem Sonntag noch im Park. „Das Argument, das Amphitheater auch anderen zugänglich zu machen, hakt“, so die Kritik von Alexander Puell aus dem Verein Freunde des Mauerparks.
Stadtrat Kirchner verweist auf Schädigungen des Geländes durch Veranstaltungen
Jens-Holger Kirchner (Grüne), der verantwortliche Stadtrat, meint dagegen: „Im Mauerpark gibt es keine Veranstaltungspflicht. Der Park ist eine Grünfläche und nicht das Festgelände Berlins.“ Zur Hipster-Olympiade, die im vergangenen Jahr am Arkonaplatz stattfand, hat er Nein gesagt. Der Mauerpark werde im Gegensatz zu ähnlich frequentierten Grünanlagen nicht als Park wahrgenommen, so Kirchner, sondern als Eventfläche. Und die „intensiv betriebenen“ Veranstaltungen hätten die Anlage „erheblich“ geschädigt. Mittlerweile müsse der Bezirk ein Viertel des Grünflächenetats von 1,3 Millionen Euro für die Müllentsorgung in Parks ausgeben.
Dafür sind viele Besucher des Parks taub. Die Beschränkungen sind Thema in den Geschichten von Touristen und ausländischen Zeitungen (beispielsweise dem britischen „Guardian“) über Berlin, das für seine Liberalität und Kulturlandschaft berühmt sei. Und das jetzt für eine Regulation dieses bekannten Selbstläufers sorge.