Vor 46 Jahren, am 6. Mai 1970, titelte der Tagesspiegel: „1980 mit der U-Bahn in das Märkische Viertel“. Daraus wurde bekanntermaßen nichts, der damalige Bausenator hatte schlicht zu viel versprochen. Die 1963 bis 1974 entstandene Hochhaussiedlung in Reinickendorf ist bis heute ohne U-Bahn-Anschluss. Fast alle Bewohner der Siedlung sind auf den Bus angewiesen, um zum U- und S-Bahnhof Wittenau zu kommen.
Das will die CDU ändern. Erstmals seit vielen Jahren gibt es wieder Bewegung in dieser von vielen längst vergessenen Diskussion, angetrieben vom örtlichen CDU-Abgeordneten Michael Dietmann. Dieser will am morgigen Dienstag eine Unterschriftensammlung starten. „Gemeinsam mit den Bürgern im Märkischen Viertel wollen wir den Senat von Berlin auffordern, jetzt zügig den Baubeginn zu starten“, teilte Dietmann mit. Er habe bereits an den Regierenden Bürgermeister und den Verkehrssenator (beide SPD) geschrieben. Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus unterstütze die Forderung, versichert Dietmann.
„Seit Jahrzehnten war immer wieder versprochen worden, dass die Großsiedlung an das U-Bahn-Netz angeschlossen wird“, sagt Dietmann. Das stimmt für die Frühzeit des „MV“ – nicht aber für die vergangenen 20 Jahre. Als im September 1994 der damalige Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) die neue Strecke der U8 bis zum S-Bahnhof Wittenau eröffnete, nannte er eine weitere Verlängerung ins Märkische Viertel „nicht mehr sinnvoll“.
Kurz vor dem Märkischen Viertel ist die U-Bahn zuende
Die Bauleute waren immer langsamer als die Planer. 1987 fuhren die Züge bis Paracelsusbad, 1994 dann bis Wittenau. Über eine Milliarde D-Mark kosteten diese knapp acht Kilometer damals. Angeschlossen wurde nur ein S-Bahnhof – von dem sich die Ost-City an der Friedrichstraße heute schneller erreichen lässt als der Alex mit der U8. Dementsprechend schlecht ausgelastet ist der nördliche Abschnitt der U8 bis Wittenau, zum Teil fahren die Züge deshalb nur im Zehn-Minuten-Takt. 1971, als das Märkische Viertel fast fertig war, rechnete die Bauverwaltung mit 200 Millionen D-Mark für die um zehn Kilometer verlängerte U-Bahn ab Osloer Straße. Heute bekommt man für diese Summe, 100 Millionen Euro, nur noch einen Kilometer, so eine Faustregel.
SPD will lieber Straßenbahn
Die BVG hält – wenn es überhaupt Geld für U-Bahnbau gäbe – andere Verlängerungen für wichtiger: die U1 zum Ostkreuz, die U6 zum Entwicklungsgebiet Flughafen Tegel und die U9 nach Pankow. Die Berliner SPD hat gerade, wie berichtet, eine ganz andere Initiative gestartet. Sie will die Straßenbahn kräftig in West-Berlin ausbauen, da dies nur etwa ein Zehntel der U-Bahnkosten verursacht. Auch das Märkische Viertel soll eine Tram erhalten, und zwar mit Linien: Die eine führt weiter zum Flughafen Tegel und nach Charlottenburg, die andere nach Weißensee über Pankow und Heinersdorf. Damit würde die Großsiedlung bis zu 15 Haltestellen bekommen, dies sei sinnvoller als die einst geplanten zwei oder drei U-Bahnhöfe. Auch das sind kühne Pläne.