Manchmal möchte ich gerne eine feine Dame sein. In einigen Momenten finde ich das sehr angebracht, zum Beispiel, als ich das erste Mal den International Club Berlin betrete. Der Country-Club am Theodor-Heuss-Platz in der Thüringer Allee liegt versteckt und gehört habe ich von ihm bis jetzt auch noch nie. Umso gespannter bin ich, als ich hier zu einem Grillabend eingeladen werde. Nicht-Mitglieder können die Räumlichkeiten des Restaurants, die Terrasse, die Bar und den zentralen Clubraum jederzeit nutzen oder für Feierlichkeiten mieten. Der britische Einfluss ist unverkennbar.
1920 gehörte das Gelände noch dem Berliner Schlittschuhclub, der es zum Tennisspielen, für Schach, zum Fechten und natürlich zum Schlittschuhlaufen nutzte. 1945 übernahmen die britischen Alliierten und prägten den British Officers Club mit unverkennbar englischem Stil. Nach dem Abzug der Alliierten gründete sich der Club in den 90er Jahren neu, das britische Flair blieb. Schirmherr ist Prince Charles – so nah war ich der Königsfamilie noch nie. Ein Bild vom Prinzen hängt auch direkt im Eingangsbereich. Im Garten vor der Terrasse steht eine original englische, knallrote Telefonzelle. Auf eine charmante Art hat dieser Ort Patina – das wohl aber nicht mehr lange. Ab Oktober soll modernisiert und saniert werden. Ich mag es ja ganz gerne, wenn ein Ort Ecken und Kanten hat.
Und einen Pool! Das 25-Meter-Becken wirkt so einladend, die Gäste am Pool-Rand vermitteln den Eindruck sie wären leicht betucht, nicht schwer blasiert. So ein hübscher Anblick! Und eben auch sehr friedlich, da dieses Becken ja für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Etliche Liegestühle, grüne Sonnenschirme, das Licht bricht durch die großen schattigen Bäume im Garten. Alleine fürs Schwimmen und im herrlichen Garten sitzen und danach einen Drink auf der Terrasse zu mir nehmen würde ich gerne Mitglied werden, aber dafür sind mir die 1600 Euro im Jahr zu viel. Sicherlich gibt es weitaus teurere und exklusivere Clubs, aber ich denke, wer hier eincheckt, hat gute Möglichkeiten zum Netzwerken, kann Tennis spielen, schwimmen, und eben jeden dieser schönen Räume hier nutzen, wie und wann er möchte. Das brauche ich alles gar nicht, ich will ja nur ins Wasser.
Burger aus Bohnen
Das Essen ist gut! Küchenchef Robert Lasarow und sein Koch Dirk Ganschow richten sich nach den Wünschen der Gäste, die hauptsächlich gesund essen wollen, Salate und Bowls. Aber auch geröstete Garnelen mit Aioli, Wiener Schnitzel und Burger gibt es. Ich probiere mich durch alles, was angeboten wird an diesem Grillabend. Zum Beispiel einen „Black Bean Burger“ – ich kann das jedem Fleischliebhaber wirklich ans Herz legen: Ein Burger-Patty aus schwarzen Bohnen ist so köstlich, dass selbst Vegan-Kritiker sich gerne darauf einlassen. Zu dem, den ich heute serviert bekomme, gibt es Brokkolisalat mit Cashewkernen. Auch das Steak mit Bratkartoffelsalat schmeckt. Ganz fein auch der Melonensalat mit Frühlingszwiebeln und Feta. Dazu gibt es wohl sehr gute Weine, was ich nicht beurteilen kann, da ich derzeit auf Rhabarberschorle stehe. Die ist gut.
Die Küche hat täglich von 12 bis 21 Uhr geöffnet, von 12 bis 14 Uhr gibt es unter der Woche ein täglich wechselndes Business-Lunch. Das kann ich wirklich jedem empfehlen, der in der Nähe arbeitet oder hin und wieder in dieser Gegend zu tun hat. Britischer Kurzurlaub zum Mittagessen in so einer schönen Location mit so viel Grün, das ist schon etwas Besonderes. Und wer weiß, wenn ich irgendwann Tennis spielen kann, überlege ich mir das vielleicht mal mit der Mitgliedschaft. Bis dahin werde ich einfach hin und wieder Kate und William spielen, wenn ich wieder Lust habe, eine feine Dame zu sein. Und dann setze ich mich in einen der schweren alten Ledersessel und schwenke nachdenklich ein Whiskyglas, genau wie in den alten Filmen!