Dass die Braukunst eine Menge mit Geologie zu tun hat, kann man in Berlin beonders gut beobachten. Die Verteilung der um 1900 in der Hauptstadt angesiedelten etwa 200 Brauereien gibt Aufschluss über die Gesteinsschichten im Berliner Boden: Sie alle befanden sich auf Hochflächen zu beiden Seiten der Spree, auf einem weniger feuchten und vom Sediment Geschiebemergel durchsetzten Boden.
Holger Happel von den Berliner Unterwelten weiß viel vom Berliner Getreidesaft zu berichten. „Bier wurde in Berlin schon seit langem gebraut. Es war zunächst Obergäriges, das Untergärige kam erst Anfang des 19. Jahrhunderts auf“, erklärt Happel. Damit das moderne untergärige Bier jedoch gebraut werden konnte, waren während des Gärens Temperaturen von zehn Grad, beim Lagern tiefe zwei Grad Celsius notwendig.
Kühle Keller
„Kühlmaschinen gab es keine, stattdessen wurde im Winter Eis von den Gewässern geholt“, so der Unterwelt-Experte Happel. Um das ganze Jahr hindurch Bier herstellen zu können, mussten darüber hinaus tiefe Keller angelegt werden. In den Bereichen der Stadt, in denen dem eindringenden Grundwasser bei den Bauarbeiten nur schwer Herr zu werden war, gestalteten sich Kellerarbeiten mühsam. So zog man die Hochflächen vor.
Besonders tief ging es in der Vereinsbrauerei der Gastwirte zu Rixdorf, der späteren Rollberg-Brauerei, in den Erdboden. „Bis zu vier Tiefgeschosse wurden hier errichtet, vom Hof bis zur tiefsten Kellersohle sind es knapp 17 Meter“, so Happel. Er veranstaltet Führungen über das ehemalige Brauereigelände und berichtet, dass bei den Bauarbeiten 1872 zunächst wie beim Tagebau ein riesiger Graben ausgehoben und schließlich die Brauerei errichtet wurde.
Moderne Mikrobrauereien
Lediglich in der Hohenschönhausener Indira-Gandhi-Straße wird dieser Tage noch von einer großen Brauereikette Bier hergestellt. Heute haben moderne Kühlanlagen die alten Keller ersetzt. Auch die aufstrebenden Mikrobrauereien benötigen keine tiefen Kellergewölbe mehr. „Die produzieren viel zu wenig, um solche großen Tieflager zu nutzen“, so Happel.
Die alten Keller einer neuen Bestimmung zu übergeben fällt daher schwer. Teilweise werden sie als Lagerraum genutzt oder zum Parkhaus umgebaut. Auch manch ein Club versucht im Untergrund sein Glück. Doch die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen, fehlende Belüftunganlagen und Zugangsmöglichkeiten schrecken die meisten Geldgeber ab. „Viele Keller stehen leer und vergammeln“, bedauert Happel.
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