Möckernbrücke - Vom 7. bis zum 19. Oktober schicken das "Rimini Protokoll" und das Hebbel am Ufer mit Funkkopfhörern ausgestattete Menschengruppen auf eine sinnlich-philosophische Reise durch die Stadt. Wir haben das unterhaltsame Experiment mitgemacht und einige Eindrücke mit der Kamera für dich festgehalten.
Nicht zum ersten Mal versammelt sich an einem milden Herbsttag eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von etwa 50 Menschen vor dem Hebbel am Ufer (HAU), um die Stadt – und ihre Bewohner – im Rahmen einer „virtuellen Schnitzeljagd“ von einer neuen Seite kennenzulernen. Der experimentelle Städte-Trip „Remote X“ kehrt nach ortsspezifischen Varianten in Hannover, Avignon und Zürich bis zum 19. Oktober in seine Heimatstadt Berlin zurück.
Vom HAU in der Stresemannstraße führt die anregende Tour die Teilnehmer zu einer Kreuzberger Postfiliale, auf einen U-Bahnsteig, in die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und zum Europa-Center. Geleitet werden wir dabei von Julia, einer aus zigtausend einzelnen Silben zusammengebastelten Frauenstimme, die uns unterwegs sehr „einfühlsam“ und mit viel „Humor“ nicht nur über die (Un-)Zulänglichkeiten des menschlichen Körpers sondern auch über die Regeln des sozialen Zusammenlebens, die Macht der Masse, Konsum- oder Glaubensfragen nachdenken lässt. Begleitet wird Julia – die sich im Verlauf der Tour in den „strengeren“ Klaus transformiert – von Musik, urbanen Rhythmen und Hintergrundgeräuschen – von denen man häufig nicht weiß, ob sie real sind oder vom Band kommen.
Die Tonspur wird dabei auf geheimnisvolle Weise perfekt mit der Realität der Tourteilnehmer synchronisiert: Julia scheint immer ganz genau zu wissen, wo wir gerade sind, wann sich endlich jemand bereit erklärt, der Horde die Tür aufzuhalten oder die U-Bahn abfährt.
Welchen Platz nimmst du ein? Was traust du dich?
Im Verlauf der „Remote Berlin“-Tour geht es an vielen Stellen nicht nur gehaltvoll sondern auch sehr lustig zu. Etwa wenn Julia gleich am Anfang analysiert, welchen Vorteil welche Position in der Horde bietet: “Die am Rand werden gefressen“, heißt es – und man denkt gleich ganz anders über sein Verhalten in der Gruppe nach. Auch die an Flashmobs erinnernden Aktionen, zu denen Julia die Gruppe immer wieder anhält, sorgen für ganz besondere Augenblicke. Zum Beispiel wenn die Teilnehmer den vorbeihetzenden Pendlern am U-Bahnhof Möckernbrücke applaudieren, die Mitglieder der Horde im U-Bahnwaggon auf einmal den Blickkontakt zu wildfremden Menschen suchen oder sie sich zu einer spontanen Demonstration auf dem Breitscheidplatz zusammenfinden.
Zu Ende geht das Ganze auf der Dachterrasse des Franziskus-Krankenhauses in der Budapester Straße. Von hier nehmen die Teilnehmer nicht nur einen wundervollen Blick über die herbstliche, vom Festival of Lights erleuchtete Stadt mit nach Hause, sondern auch das Gefühl, für zwei Stunden mit Menschen, die sie vermutlich nie mehr wiedersehen werden, zu einer ganz besonders Einheit verschmolzen worden zu sein. Danke Julia!
Weitere Infos zu „Remote Berlin“ erhältst du hier.