Neuer Intendant

Rückkehr der alten Garde: Volksbühne unter Pollesch

Volksbühne am Rosa Luxemburg Platz tagsüber
Der Schein trügt nicht: An der Volksbühne ist es wieder schön und friedlich.
Er ist kein Unbekannter an der Volksbühne in Berlin und bekommt daher sogar von der kritischen Presse einen Bonus: René Pollesch, der erfolgreiche Autor und Regisseur, übernimmt die Intendanz.

Endlich glätten sich die Wogen und es kehrt tatsächlich Ruhe ein am Rosa-Luxemburg-Platz. Mit Klaus Lederers Entscheidung, René Pollesch ab der Spielzeit 2021/22 die Intendanz der berühmt-berüchtigten Volksbühne zu übergeben, können scheinbar alle leben. Das liegt vielleicht daran, dass Pollesch einer ist, dem Frank Castorf vertraute, der mit den Berühmtheiten aus dem damaligen Ensemble arbeiten kann, der sogar die Besetzer-Kollektive ernst nimmt und der schon an der Seite der Bühnenbild-Legende Bert Neumann als Leiter des Praters bewiesen hat, dass er mit dem besonderen Publikum und der vielschichtigen Hauptstadt umgehen kann.

„Es war nicht mein Lebenstraum, Intendant zu werden“, gibt Pollesch offen zu. Aber er wolle sich nun der Verantwortung stellen. In seinem Bewerbungsschreiben, das er dem Kultursenator Lederer vor gut sechs Monaten zukommen ließ, spricht Pollesch davon, die weltbekannte Bühne wieder als Produktionsstätte zu etablieren und die Tradition der Volksbühne in dem Sinne fortzuführen, hier „weiterhin nicht alles richtig zu machen.“ So wenig reißerisch wie das klingt, so realistisch ist eben Pollesch‘ Ansatz. Er hat nicht vor, mit großem Tamtam und neuem Logo eine Menge Aufmerksamkeit zu generieren, sondern gemeinsam mit alten und neuen Gesichtern richtig gutes Theater zu machen. „Die Idee des Theaters findet sich nicht in Verlautbarungen oder Programmen“, erklärt Pollesch weiter schriftlich, „und die Volksbühnenidee des Theaters erst recht nicht. Sie findet sich nur im Theater, also in dem, was auf der Bühne und in den Köpfen der Zuschauer *innen passiert.“ Und da wird einiges passieren, dafür steht Pollesch als international erfolgreicher Autor und Regisseur selbst ein. Zwei Inszenierungen wird er pro Spielzeit beisteuern.

 

 

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Ein Beitrag geteilt von René Pollesch (@renepollesch) am Mai 25, 2019 um 5:25 PDT

Die Sensation, dass Martin Wuttke, Kathrin Angerer, Fabian Hinrichs und ab 2023 sogar Sophie Rois an die Volksbühne zurückkehren, gab Pollesch fast gelassen bekannt. „Aber ich bin kein trojanisches Pferd mit der alten Volksbühne im Gepäck,“ betonte Pollesch. Und das kann man ihm glauben, denn seine Begeisterung ist nicht zu übersehen, wenn er über brandneue Personalien spricht: Mit Ida Müller, Vegard Vinge und Florentina Holzinger weht demnächst sehr frischer Wind durch die Kultstätte. Sie sind bekannt für krasse Ideen fernab des etablierten Theaters, aber sie stehen gemeinsam mit der alten und neuen Garde am Haus für die große Lust auf ein Theater, das offen ist für alles, was Spaß macht und relevant ist. Diese Kombination aus Humor, Inhalt und Bedeutung unterscheidet die Volksbühne von jeher von allen anderen Theatern vom anbiedernden Volkstheater bis hin zur manchmal sehr haltlosen freien Szene.

„Es fehlt in Berlin ein Haus, das von einem Autor geleitet wird…“, meinte René Pollesch. Nun also nicht mehr! Ein wenig Zeit hat Pollesch noch, seine Übernahme zu strukturieren, das gesamte Team aus Kreativen und Verwaltung zusammenzustellen und auch für die Nebenspielstätten wie den Roten und Grünen Salon und den Prater ein Programm zu entwickeln. Bis dahin hält Klaus Dörr weiter die Stellung. Dessen Leistung, nach dem schnellen Abgang von Chris Dercon die Volksbühne aus der Krise zu führen und aus dem Nichts einen ansehnlichen Spielplan auf die Bühne zu stellen, lobte Klaus Lederer ausdrücklich. Wenn Pollesch antritt, wird sich für den einstigen Verwaltungsmann und Geschäftsführer Klaus Dörr eine neue Wirkungsstätte finden, da gab sich der Kultursenator mehr als zuversichtlich.

Volksbühne Berlin, Linienstraße 227, 10178 Berlin

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