Eine Inszenierung, in der die Schauspieler zwei Stunden lang nichts anderes sagen als „Murmel murmel“? Klingt gewagt. Für solche Experimente wurde Herbert Fritsch mit dem diesjährigen Theaterpreis Berlin geehrt, kurz bevor er mit der Volksbühne die Bühne seines Lebens verlassen muss. Ein Stück und eine Oper von ihm kann man sich in dieser Saison noch anschauen.
Vom Schauspieler zum Regisseur
Zum Regisseur ist er relativ spät geworden. Eigentlich war er selbst Schauspieler. Schon als solcher eine Ikone der Volksbühne, wo er in den Stücken Frank Castorfs mehr als einmal die Rampensau abgegeben hat. Alex aus der Horrorgang von Clockwork Orange oder Robespierre sind nur zwei der exzessiven Typen, die er mit konvulsivischer Hingabe gespielt hat.
Irgendwann war er es leid, sich immer die Blöße zu geben. Und ist Regisseur geworden, aber nur um seine ungebändigte Energie in seine Schauspieler zu channeln, und ihnen, wie er einmal gesagt hat, „alles zu erlauben, was ihnen schon auf der Schauspielschule verboten wurde“. Sinn sollte man in seinen Stücken nicht unbedingt erwarten. Aber die zerhackten und ganz ausbleibenden Texte stellen ganz andere Herausforderungen an den physischen Ausdruck.
Von versnobtem Sprechtheater hält er nicht viel. Fritsch, der eher in der Tradition von Comedy Acts wie den Marx Brothers steht, hat nichts dagegen, wenn das Theater vom Äußeren lebt. In seinen Stücken gibt es viel Slapstick. Die Kostüme sind schrill und barock, die Bühnenbilder eine Liebeserklärung an Signalfarben und überdimensionierte Objekte.
Seine letzte Inszenierung an der Volksbühne, Pfusch, sollte man sich lieber schnell noch anschauen: Ende Juni wird auch Fritsch infolge des Intendantenwechsels die Volksbühne, die über die Jahre zu seinem zweiten Wohnzimmer geworden ist, verlassen. Einziger Trost: Berlin bleibt er erhalten. Ab der Spielzeit 2017/2018 wird er an der Schaubühne inszenieren.
Achtung: Pfusch läuft zum letzten Mal am 20.06. an der Volksbühne!