Dahlem Dorf - "Früher ging man zum Beichten nicht in die Kirche, sondern zum Kaufmann!" Diese und weitere kuriose Einsichten in die Shoppingwelt des 19. Jahrhunderts vermittelt man dir in der Domäne Dahlem ab sofort auf ziemlich einmalige Weise ...
Schon etwas länger gibt es im Herrenhaus der Domäne Dahlem einen original erhaltenen Kaufmannsladen mit vielen authentischen Objekten aus der Zeit zwischen 1900 und 1930. Bisher konnte man sich in dem liebevoll hergerichteten Geschäft umschauen und sich mit etwas Glück vom erfahrenen Kaufmann Rüdiger Buchmann etwas über die Geschichte des Einkaufens in Berlin erzählen lassen.
Nun wurde der Krämerladen frisch restauriert – und mit einer multimedialen, insgesamt 18.000 Euro teuren Spielerei ausgestattet, die den mittlerweile 75-jährigen Buchmann an seinem Arbeitsplatz hinter der alten Registrierkasse ablöst.
Für eine aufwändige Hinter-Glas-Projektion wurde mithilfe der ehrenamtlich engagierten Drehbuchautorin Kirsten Harder ein achtminütiger Film aufgenommen, in dem Rüdiger Buchmann seine eigenen Erinnerungen an die Besucher des historischen Tante-Emma-Ladens weitergibt. Ergänzt werden die Erinnerungen des ausgebildeten Kaufmanns durch Berichte von Museumsbesuchern und Zeitzeugen, die in den unterhaltsamen Monolog aufgenommen wurden.
Herr Buchmann: Original und Fälschung. (c) Trieba
Foto: cms
Die Projektion hinter der Theke berichtet etwa davon, wie wichtig der Berliner Kaufmannsladen jahrzehntelang als Ort des sozialen Austauschs war. Man kannte seine Kunden mit Namen, konnte den neuesten Klatsch und Tratsch weitergeben und hatte für die Kinder immer einen Bonbon parat. Außerdem ließen die meisten Kunden anschreiben – wurden die Schulden nicht bezahlt, musste der Kaufmann selbst an der Tür seiner säumigen Kunden klingeln.
Auch sonst gibt es viel zu entdecken. (c) Trieba
Foto: cms
Darüber hinaus führte man sein Geschäft gewissenhaft, stand täglich von 7 bis 19 Uhr hinter der Kasse und half in der Not auch sonntags aus. Zwar will das Drehbuch des kleinen Films die damalige Geschäftsmentalität nicht mit der heutigen vergleichen. Doch spätestens wenn Buchmanns Projektion davon erzählt, dass die Kunden die abgewogenen Waren in eigens mitgebrachten Behältnissen, Gläsern und Beuteln mit nach Hause transportieren, wird deutlich, dass sich die heutige Konsumwelt in mancher Hinsicht eine Scheibe vom historischen Kaufmannsladen abschneiden könnte.
Dass das Sinn macht, beweist der Laden Original Unverpackt in Kreuzberg, in dem der Umwelt zuliebe komplett auf ökologisch fragwürdige Einwegverpackungen verzichtet wird:
Foto Galerie
Foto: cms
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Domäne Dahlem - Landgut und Museum, Königin-Luise-Str. 49, 14195Berlin