Kann man als Ex-Stasi-Karrierist nach der Wende ein neues Leben beginnen? War der Kampf um Ideale ganz umsonst? Regiert nur noch das Geld die Welt? Ist Blut nicht doch dicker als Wasser? Diese Fragen beschäftigen die Mitglieder der bekanntesten (TV)Familie aus Ost-Berlin. Und wie schon in den Staffeln davor, sind die Erzählstränge so perfekt verwoben und mitreißend, dass man nicht genug von der Serie bekommen kann. Auch für die Macher ist das ein Grund zur Freude, denn die vierte Staffel stammt nicht aus der Feder der genialen Erfinderin Annette Hess. Die hat aus Zeitgründen abgesagt, immerhin gilt sie momentan als die (Serien)Autorin schlechthin: Kudamm 56 und 59 hat das Fernsehvolk ihr ebenfalls zu verdanken.
Wiedersehen mit tollen Schauspielern
Ansonsten finden wir vor und hinter der Kamera altbekannte Gesichter: Unter der Regie von Friedemann Fromm, der auch die Drehbücher für die neuen Folgen verfasst hat, bringt Jörg Hartmann neue, anrührende Facetten in seinen hinterlistigen Falk Kupfer. Florian Lukas zeigt als Martin Kupfer, wie man an seinen Herausforderungen wachsen kann und Anna Loos bringt uns als Vera Kupfer die Verzweiflung darüber nahe, wie es ist, wenn man nach einem hart erkämpften Sieg plötzlich doch als Verlierer dasteht. Die überraschendste Entwicklung darf Ruth Reinecke als Marlene Kupfer spielen, aber weil wir ja nicht spoilern wollen, sagen wir nur: Stille Wasser sind wahrlich tief und manchmal sogar dreckig.
Gewinner und Verlierer
Thematisch bietet die Zeit nach dem Mauerfall eine Bandbreite an Themen für die Serie: das Unterkommen von Stasi-Funktionären in der freien Wirtschaft, politische Machtspiele des Westens, die Probleme der Treuhand, aber auch private Probleme . Viele haben damals den Halt verloren, andere haben sich von einem Extrem (links) zum anderen Extrem (rechts) entwickelt, wieder andere waren findig genug, ihren Platz im neuen System zu erobern. Geheimnisse der Stasi kamen ans Tageslicht und rissen einen tiefen Spalt zwischen Freunde und Familien. Hoffnungen wurden enttäuscht, aber auch Träume erfüllt. Es ist wirklich beachtlich, wie die unterschiedlichen Figuren aus Weissensee so vieles aus der Umbruchzeit aufgreifen, ohne dass die Serie reißerisch wirkt. Es geht um Gefühle, um Menschen , um das Kleine im Großen.
Ein großer Verlust
Ausgestiegen ist leider Katrin Sass, die als Dunja Hausmann mit zu den absoluten Stars der Serie zählte. Laut der BILD sollen für sie zu wenige Drehtage angesetzt gewesen sein, offiziell heißt es, die Zusammenarbeit sei aus terminlichen Gründen nicht möglich gewesen. Belassen wir es dabei und erfreuen uns daran, dass es auch mit Uwe Kokisch, Claudia Mehnert und Stephan Grossmann ein TV-Wiedersehen gibt. Apropos Mehnert und Grossmann: Die neue Verbindung ihrer beiden Figuren ist übrigens die einzige, die uns nicht so wirklich überzeugen konnte.
Die sechs neuen Folgen von „Weissensee“ laufen als Doppelfolgen am 8., 9. und 10. Mai 2018 jeweils ab 20:15 Uhr im Ersten. Wer nicht genug bekommen kann, verfolgt parallel die Webserie zur Serie.