Es blinkt, flackert und leuchtet und ist meist nicht zu übersehen – großformatige Werbung in der ganzen Stadt. Ob an Bushaltestellen, Häuserfassaden oder Plakatwänden: Werbung im öffentlichen Raum nimmt immer mehr zu und verändert das Gesicht der Stadt. In Berlin soll sich das nun ändern: Nachdem sie mit dem Volksentscheid Fahrrad erfolgreich fast 90.000 Stimmen gesammelt haben, will der Verein Changing Cities nun für eine werbefreie Stadt kämpfen. Berlin Werbefrei heißt das Projekt, das Werbung im öffentlichen Raum verbieten will.
Genügen Unterschriften für Volksbegehren
Die Senatsinnenverwaltung teilte nun mit, dass Berlin Werbefrei genügen Unterschriften sammeln konnte, um ein Volksbegehren durchzuführen. Insgesamt wurden 43.774 Stimmen eingereicht, von denen 32.456 gültig waren. Damit ist die erste Etappe auf dem Weg zum Volksentscheid absolviert, denn notwendig waren nur 20.000 Stimmen.
Der nächste Schritt ist nun die Rechtsprüfung des Gesetzes durch die Senatsinnenverwaltung zusammen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Sollte das Gesetz nicht angenommen werden, kommt es zum eigentlichen Volksbegehren. Dabei müssen in einem Zeitraum von vier Monaten sieben Prozent der wahlberechtigten Hauptstädter ihre Unterschriften setzen, damit aus einem Volksbegehren ein einfaches Gesetz wird. Zu einem Volksentscheid würde es erst kommen, wenn das Volksbegehren zwar erfolgreich war, Landtag oder Abgeordnetenhaus aber die Gesetzesänderung verweigern. Der Volksentscheid läuft ab wie eine Wahl und soll der Initiative zeitgleich mit der Wahl des Europaparlaments 2019 stattfinden.
Die Initiative übt vor allem Kritik an der Politik, die die Ausbreitung von Werbeflächen auch noch unterstützen würde, um selbst damit Geld zu verdienen. Ende Juni reichte die Bürger-Initiative daher einen Gesetzentwurf zur Regulierung von Werbung in öffentlichen Einrichtungen und im öffentlichen Raum zur Kostenschätzung beim Senat ein. Das Ziel dabei: Außenwerbung verbieten.
Das Gesetz sieht aber auch Ausnahmen vor: Werbung für Veranstaltungen und gemeinnützige Zwecke sollen möglich sein. Auch Bars und andere Läden können weiterhin vor Ort für sich werben. Vielmehr soll es um riesige Werbebanner gehen, die den Blick auf die Stadt verstellen. Schließlich würden immer mehr Hauseigentümer ihre Hausfassaden als Werbefläche vermieten. Auch das Sponsoring an Schulen, Universitäten und öffentlichen Einrichtungen soll durch das Gesetz geregelt und transparent gemacht werden.
Als Vorbild für eine werbefreie Stadt gilt São Paulo. Die brasilianische Metropole hat 2007 dank des Clean City Law jegliche Werbung aus der Stadt verbannt. Und tatsächlich soll sich laut einer Umfrage die Lebensqualität durch das Gesetz spürbar verbessert haben. Aber auch Berlin ist bereits auf dem Weg dorthin: Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat bereits im Jahr 2014 sexistische Werbung auf bezirkseigenen Flächen verboten.