Sie schauen dich direkt an, fesseln dich durch ihre Aggression, ihr verstohlenes oder herzliches Lächeln oder ihre Taten: William Kleins (89) Fotografien haben die Kraft dich in eine direkte Verbindung mit den fotografierten Menschen zu versetzen. Dabei ist der Austausch für den US-Amerikaner Klein und seine Arbeit allgegenwärtig. „Eine Ausstellung ist wie ein Dialog mit dir selbst“, sagt der berühmte Fotograf bei seinem Besuch im C/O Berlin.
Hier geht es von seiner Heimatstadt New York über Moskau und Tokio zu seinem Wahlwohnort Paris und auf dieser Reise ertappen wir uns, wie wir immer wieder länger stehen bleiben und sogar an manchen Bildern mehrfach vorbeischlendern. Schließlich fotografiert Klein nicht nur das Fremde oder Andere, sondern das Leben auf der Straße. „Ich wollte sehen, wie die Menschen in Paris oder Tokio lebten. Fotografie war ein Weg für mich zu sagen, was ich dachte und fühlte“, sagt Klein weiter.
Formal überschritt Klein in den 50er Jahren deutlich die Grenzen. Statt sich auf eine technisch perfekte Fotografie zu konzentrieren sind seine Bilder teilweise körnig und Motive erscheinen verschwommen. Außerdem vermischt er in seinen Werken Malerei mit Fotografie und widmet sich auch dem Medium Film. Gerade in dieser Zeit entstand seine berühmteste Arbeit: Das Fotobuch New York 1954-1955.
Vom Straßenkid zum Model
In der aktuellen Ausstellung kannst du dir rund 300 Exponate anschauen: Das Oeuvre reicht von coolen Straßenkids bis hin zu stylishen Models, die besonders unabhängig und modern wirken. Er scheint insgesamt keinen Unterschied zu machen, ob er sich nun mit Streetphotography oder Highend-Portraits für die Vogue beschäftigt. Seine Handschrift, ob nun ein außergewöhnlicher Einsatz von Licht, Vintageprints, riesige Bilder oder die dicken roten, gelben und lilafarbenen Farbbahnen über den Fotografien sind immer wieder zu sehen.
Er nutzt seinen Einfluss als Künstler auch um auf soziale Themen hinzuweisen. So setzt Klein sich sowohl filmisch als auch fotografisch für die Rechte von Afroamerikanern ein und portraitiert Persönlichkeiten wie Muhammad Ali, Little Richard und Eldridge Cleaver. Die Begegnung mit Ali hat ihn bis heute geprägt. „Ich bin überrascht und glücklich, dass ein Mann wie Muhammed Ali existierte. Er war viel mehr als ein Sportsmann“, erzählt Klein in Berlin.
Während seines Besuchs wird eins klar: Das sich nicht in Schubladen stecken lassen und Experimentierfreudige hat er sich beibehalten. Immer wieder klickt es, als sich eine Traube von Fotografen und Journalisten um den 89-Jährigen bildet. Der berühmte Fotograf lässt sich das nicht lange gefallen, schnappt seine Kamera und schießt förmlich zurück.
Du willst auch in die Welt des Urvaters der Streetphotography eintauchen und mehr als 60 Jahre Fotografie, Malerei und Filmerfahrung am Leibe spüren? Die Ausstellung läuft noch bis zum 2. Juli und der Eintritt beträgt regulär 10 Euro sowie ermäßigt 6 Euro. Das C/O Berlin hat täglich von 11 bis 20 Uhr geöffnet.