„Manchmal muss man die Vergangenheit ruhen lassen, um zu sehen wie schön die Zukunft sein kann.“ Das hat nicht Wilhelm Busch gesagt, sondern irgendwer anderes. Wilhelm Busch ist seit 105 Jahren tot und auf dem Friedhof kann der auch erstmal bleiben. Mit „Max und Moritz“ braucht ein Bauprojekt auf der Spreenordseite nämlich nicht die Geschichten von üblem Streich und gemeingefährlichem Schabernak, sondern nur eine vage Assoziation, ein paar Namen, die möglichst nicht nach Mediaspree klingen. Wer ab jetzt bei den Namen Max und Moritz noch an zwei Lausbuben denkt, sollte sich schnellstmöglich umgewöhnen! Aber alles der Reihe nach.
Blickt man auf die o2-Arena, mit dem Rücken zur East-Side-Gallery, werden sich bis 2016 zwei riesige Hochhaustürme links des blauen Stadions in den Himmel arbeiten. Näher zur Spree, das ist dann „Max“, Richtung Ostbahnhof und Schienenstrang wird „Moritz“ stehen. So zeigen es die Hochglanzpläne des Bau- und Immobilienunternehmens „Die Wohnkompanie“. Die Namensgebung der Türme, die „passt ja auch nach Friedrichshain“, erläutert der Geschäftsführer der Wohnkompanie, Stephan Allner: „Das ist eine rebellische Ecke. Da ist ein Name angesagt, der das auch ein bisschen reflektiert.“
Dies war der erste Streich, der zweite folgt sogleich: Die unteren fünf bis sechs Stockwerke beider Wohnblöcke sollen der Öffentlichkeit zugänglich gehalten werden, wie es der Bebauungsplan des Senats aus den ersten Jahren des neuen Jahrtausends vorsieht. Ins Stadtbild einfügen dürfen sich folglich Cafés, Fitnesscenter, Läden oder Büroräume. Wem die Geschäftsstellen für trendige „Start-Ups“ im Hochhauskomplex noch nicht hip genug sind, der fährt auf die Dachterrasse. Auf 86 Metern (Max) bzw. 95 Metern Höhe (Moritz), wie die Immobilienunternehmer erkären, sind Urban Gardening-Flächen vorgesehen. Dem Ausblick steht weder vom 26 Stockwerke hohen Moritz-Turm, noch vom drei Stockwerke tieferen Max etwas im Wege – freie Sicht über Berlin. In der näheren Umgebung höher sind nur wenige Gebäude, darunter die Treptowers am Molecule Man.
Bauer erwarten keine Probleme mit Mediaspree-Gegnern
Stephan Allner hat vollkommen Recht, wenn er die Gegend um die Mariane-von-Rantzau-Straße als brachliegende Fläche beschreibt. Außer dem Mercedes-Hochhaus befindet sich auf dem Anschutz-Areal wenig. Das versprechen Max und Moritz zu ändern. Und die Bauherren sind sich sicher, die Zustimmung der Friedrichshainer zu haben. Schließlich schreibt der Bebauungsplan solche Monumente fast schon zwingend vor, wie Michael Kötter, Sprecher für die Entwicklungsstrategien des Anschutz-Areals bekräftigt. Außerdem befindet sich das zu bebauende Gelände auf der anderen Seite der Mühlenstraße – kein Grund zur Aufregung also für Mediaspree-Gegner, ganze 100 Meter trennen Nordufer und das erste der beiden Wohnblöcke.
Von 2-Zimmer-Wohnungen um die 50m² bis zu 130m²-Apartments ist alles dabei, die Hälfte der insgesamt 420 Wohneinheiten ist miet-, die andere kaufbar. Zur Auswahl werden verschiedene Wohnkonstellationen mit vorgelagerten Balkons oder ins Gebäude eingelassenen Loggien stehen. Das soll den Raumwünschen eine freie Kombinatorik ermöglichen und dem Gebäude eine optische Dynamik geben. Wenn im Jahr 2016 Max und Moritz fertiggestellt sind, wird die Wohnkompanie für den wegweisenden Bau knapp 200 Millionen Euro hingeblättert haben. Ebenfalls super trendy ist der Mietpreis zwischen 9 und 14 Euro je nach Himmelsrichtung, Höhenmeter und Apartmentgröße. Das klingt doch mal nach rebellischer Ecke! In diesem Augenblick, irgendwo im Harz, rotiert Wilhelm Busch in seinem Grab.