Wohnungen bauen in Berlin, das rechnet sich für Investoren – deshalb entstehen auf Brachen, Lücken und an allen erdenklichen Orten der Stadt Neubauten. Und weil die Bauflächen im Zentrum ausgehen, erfasst der Boom auch eher entlegene Gebiete, wo Firmen früher Produktionshallen und Verwaltungsbauten hinstellten. Schöneweide, Geburtsort der Berliner Elektroindustrie und Sitz von AEG, Fernseh- und Kabel-Herstellern, ist so ein Ort. Dort bedrohen Pläne für den Neubau von Wohnungen bestehende Firmen und zugezogene Start-ups, die zuvor schon aus der Innenstadt verdrängt wurden. Das gefährdet Arbeitsplätze – trotzdem lässt der Bezirk es geschehen.
Wer hinter den Bauplänen steckt
Doch der vielfache Rat der Fachleute stößt auf taube Ohren bei Bezirkschef Oliver Igel (SPD). Längst kursieren Gerüchte, wonach das mächtige Berliner SPD-Netzwerk bei Genosse Igel die einsame Entscheidung vorantrieb. Der irische Bauherr Toruro, Teil eines verschachtelten Imperiums mit zeitweilig mehreren Dutzend Ablegern, soll einen der erfahrensten Strippenzieher Berlins angeheuert haben: den früheren Bausenator und SPD-Granden Peter Strieder.
Die Frage, ob er die Toruro vertrete und ein gutes Wort für deren Wohnungsbaupläne mitten in der Industriestadt bei Igel einlegte, beantwortet Strieder so: „Ich bin an der Entwicklung des Bebauungsplans für die Rathenauhallen beteiligt.“ Und Strieder führt weiter aus: „Zahlreiche Projektsitzungen mit den politisch Verantwortlichen und ihren Mitarbeiterinnen“ hätten stattgefunden. Und weiter: „Was soll eigentlich besonders daran sein, dass man sich in einer stark wachsenden Stadt mit knappem Wohnraum eben genau für diesen Wohnungsbau engagiert?“
„Wohnungen in einem Industriegebiet zu bauen, gefährdet Arbeitsplätze“
Igel bestätigt die Gespräche mit Strieder, behauptet aber: „Glücklich konnte ich ihn deshalb noch lange nicht machen“ – die Investoren hätten noch mehr Wohnungen bauen wollen als auf dem einen Viertel der Fläche, wie es der Bebauungsplan vorsieht. Setzte sich auch Berlins SPD-Chef Jan Stöß, der auf einer der öffentlichen Veranstaltungen zur Zukunft der Rathenau-Hallen gesichtet wurde, bei Igel für Toruros Pläne ein? Mit Stöß habe er nicht gesprochen, sagt Igel, ähnlich äußert sich auch Stöß.
Wer für teures Geld eine der Wohnungen mit Blick auf die Spree mietet oder kauft, wird Lärm und Verkehr nicht hinnehmen wollen, befürchtet Ludwig. Vor Gericht seien Wirtschaftsunternehmen chancenlos: In solchen Fällen habe meist das Ruhebedürfnis von Anliegern Vorrang, egal ob der Lärm von Sportlern, Kneipen, Veranstaltungen oder produzierenden Unternehmen stammt. „Dieser erste Neubau ist der erste Schritt zur Umwandlung des ganzen Quartiers in ein Wohngebiet“, sagt sie voraus.
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