Wenn in Grit Burkhardts Buchhandlung eine Lesung läuft und der Autor erzählt, wie sechs Frauen in einem Café in ein Gespräch vertieft sind, kann es durchaus passieren, dass sich ein Zuhörer zu Wort meldet: „Moment, an den Tisch passen höchstens zwei Leute!“ Grit Burkhardt lacht. „Das ist eben die künstlerische Freiheit des Autors“, sagt die 42-jährige Buchhändlerin.
Aber manche Leute nehmen es eben genau. Gerade, wenn es um ihre Heimatstadt geht – dazu auch noch um ihr Lieblingscafé. Die Lesungen der Reihe „Crime Time“ in der Lichtenberger Krimibuchhandlung „totsicher“ spielen zu einem großen Teil in Berlin.
Hier gibt es einen Mord im Mauerpark, dort einen toten Mathelehrer einer Brennpunktschule, beim nächsten Mal ist plötzlich der Kulturstaatssekretär verblichen. Es kann einem angst und bange werden angesichts der Geschichten, die durch Burkhardts Buchhandlung geistern.
Jedes neue Buch wird vorgelesen
„Uns geht es doch gut“, sagt Burkhardt. Sie sitzt entspannt im mit blutrotem Samt bezogenen Lesesessel. „Mit den Krimis kann man im sicheren Zuhause den Alltag gut abschalten, indem man die eigenen Ur-Ängste bedient.“ Früher sei es häufiger vorgekommen, dass Kunden Krimis „für eine Freundin“ gesucht hätten. „Dabei war völlig klar, dass sie die alle selber lesen“, sagt Burkhardt und lacht.
Die Lesereihe im Zweiwochentakt startete Burkhardt schon vor mehr als zehn Jahren, als die Buchhandlung zunächst in Prenzlauer Berg eröffnete. Kennengelernt haben sich die beiden beim Studium der Museumskunde in Berlin, dann kellnerten sie zusammen und beschlossen schließlich, wegen ihrer geteilten Krimi-Leidenschaft und Burkhardts abgeschlossener Buchhandelslehre, eine Krimibuchhandlung zu eröffnen. 2013 zogen sie den Laden um in die Räume nahe dem Bahnhof Lichtenberg.
Crystal Meth im Senat
Auch die Fälle um Paul Kalkbrenner, Kriminalhauptkommissar der Mordkommission im Dezernat Mitte, die der Berliner Autor Marcel Feige unter dem Pseudonym Martin Krist ersinnt, finden ihren Weg regelmäßig in die Buchhandlung. So ermittelte Kalkbrenner in den Katakomben Berlins, wo ein Serienmörder Leichen versteckte.
Etwa die Hälfte der jedes Mal rund 20 Zuhörer sei Stammpublikum aus ganz Berlin, sagt Burkhardt. „Häufig sind es etwas ältere Leute mit Krimi-Faible.“ Die einen lieben psychologische Krimis, die nächsten historische, wieder andere begeistern sich für Politthriller.
Viele bevorzugen Skandinavien
Grit Burkhardt findet es spannend, wenn sie bei den Berliner Tatorten auch die realen Gegebenheiten im Gedächtnis hat. Natürlich fragen Kunden oft nach Berlin-Krimis, deshalb gibt es auch ein eigenes Regal dafür.
Doch als Buchhändlerin weiß Burkhardt, dass jeder andere Vorlieben hat: „Viele bevorzugen zum Beispiel Skandinavien, das sie nicht kennen und auf das sie einen ganz düsteren Handlungsort projizieren können, an dem es immer dunkel ist.“ Das ist Burkhardts Leidenschaft: Für jeden Kunden den richtigen Krimi zu finden.
Am Dienstag, 8. September, liest in der Krimibuchhandlung „totsicher“ der Berliner Autor Christoph Spielberg aus seinem Buch „Man stirbt nur dreimal“. Margaretenstr. 2, Lichtenberg, 19.30 Uhr, Eintritt: 4 Euro. Alle weiteren Lesungen der Reihe „Crime Time“ finden Sie auf der Webseite des Ladens.