Wollen wir einmal mit dem Ende beginnen. Denn auch um das Ende soll es hier später gehen, und um das Ende geht es auch im Barocklied „Passacaglia della vita“ von Stefano Landi, das Teil des Konzertsommers 2014 im Bali-Kino ist: „Ah come ti inganni / se pensi che gli anni / non han da finire / è breve il gioire“ – auf Deutsch: „Ah, wie du dich täuschst / wenn du denkst, dass die Jahre / nicht zu Ende gehen müssen / die Freude ist kurz.“
Countertenor Stefan Görgner moduliert seine Stimme in immer neuen Nuancen, das Lied bleibt bis zum Ende klanglich überraschend. „Die Musik muss für sich sprechen“, hat er zuvor angekündigt. Zu allen Liedern begleitet Görgner sich selbst mit einer Loopstation, die den Grundrhythmus der Tarantella abspielt, und die er singend und auf der Gitarre spielend mit dem Fuß bedient. Üppiges Klangvolumen erfüllt den kleinen Kinosaal. Irgendwie wie bei einem Ein-Mann-Orchester.
Wie die Lunchkonzerte der Philharmonie
Im Publikum sitzt Annette Spitzlay, die dieses Konzert organisiert hat und auch moderiert. Sie wippt mit Kopf und Fußspitze im Takt, klatscht begeistert Beifall. „Mit den Mittagsmusiken 2014 wollen wir nicht nur eine kulturelle Option für die Mittagspause bieten. Wir wollen Zehlendorf aufmischen“, sagt sie unternehmungslustig. Sie scheut den Vergleich nicht zu den Lunchkonzerten der Philharmonie. „Aber wir möchten eine angenehme Alternative in kleinerer Runde sein.“ Tatsächlich schmiegen sich heute insgesamt etwa zwei Dutzend Musikinteressierte in die weinroten Kinosessel, um den Gitarristen und Countertenor Stefan Görgner zu hören.
Sie wollen Zehlendorf aufmischen
Denn genau das möchte sie: Ran an die Leute und sie aufmerksam machen. Auf die Musik, aber auch eine andere Sache liegt der Musikmäzenin Spitzlay am Herzen. Die studierte Musikwissenschaftlerin und Klavierlehrerin möchte mit der Konzertreihe in Zehlendorf das Ladensterben in ihrem Heimatbezirk anprangern. „Ich habe schon drei, vier Jahre mit der Idee geliebäugelt, Mittagskonzerte hier zu veranstalten. Der Auslöser war dann das Ende von Antkowiak.“
In musikalischer Hinsicht jedenfalls, ist das Publikum schon mal ganz bei Spitzlay: Zwar noch etwas zaghaft folgt das Publikum der Einladung zum Mitsingen im letzten Stück – sogar auf italienisch.
Heute, am 4. Juli um 12 Uhr und noch einmal um 13 Uhr findet ein Konzert statt, jeweils dreißig bis vierzig Minuten dauert der musikalische Vortrag, danach haben die Zuhörer Gelegenheit, Fragen an die Künstler zu stellen. Kartenvorbestellungen: Bali Kino, Telefon 030 811 46 78 Teltower Damm 33, 14169 Berlin Eintritt frei, Spenden erwünscht
Die Autorin ist Mutter zweier Kinder, lebt mit ihrer Familie in Zehlendorf und wird jetzt immer öfter auf dem Zehlendorf Blog des Tagesspiegels zu lesen sein, dem Online-Magazin aus dem Südwesten.