Wenigstens ist mit Dieter Kosslicks Gemüt noch alles in Ordnung: „Wir freuen uns auf 2014, dann ist die Berlinale im Westen mit dem Haus der Berliner Festspiele, dem Delphi und dann auch wieder dem Zoo-Palast stark vertreten“, wurde der Berlinale-Leiter am Dienstag zitiert. Dabei hätte er für gegenteilige Gefühle mehr Grund: „Flaggschiff der Berlinale“, „Lieblingskino“ der Filmfestspiele, „wunderbares Kinogefühl“ waren die Lobpreisungen, mit denen er stets vom Zoo-Palast sprach. Noch Anfang des Jahres bekundete er vorsichtiges Vertrauen, dass die Fertigstellung der Renovierungen bis zu den Festspielen im Februar 2013 gelingen würde. Diese Hoffnung fällt ins Wasser. Wie ein bauplanlicher Trittbrettfahrer folgt nach Flughafen, Oper und BND das Kino mit verzögerter Eröffnung. Die Berlinale 2013 wird definitiv nicht im Zoo-Palast gefeiert.
Eigentlich hatte man vor, das „Bikini Berlin“-Projekt dieses Jahr vom Tisch zu haben. Das Bikini-Haus, das zusammen mit dem Kino saniert wird, ist ein Büro- und Geschäftskomplex, der eine Etage ohne Mauern besitzt, ein Luftgeschoss, das auch Namensgeber war. Das Datum dafür war schon länger öffentlich als geplatzt angesehen worden. Nun gesellt sich auch das Kino in die Warteschleife.
Vor nicht allzu langer Zeit war der Plan des Geldgebers, der Bayerischen Hausbau, den Zoo-Palast „möglichst bis zur Berlinale im Februar 2013“ startklar zu machen. Nun soll der Block „zeitlich nacheinander gestaffelt“ seine Arbeit aufnehmen, wobei die Abfolge noch nicht entschieden sei, so eine Sprecherin. Ob zuerst die Büros, die Einkaufsmeile, das Hotel oder das Kino dran ist, lässt sich also nicht sagen.
Fehlstart mit Vorbereitung
Es ist nicht so einfach, die zwei denkmalgeschützten Gebäude zu restaurieren, da zwar die historischen Bauelemente bleiben, aber auch die „energetischen Anforderungen von heute“ eingehalten werden müssten, so die Aussage der Bayerischen Hausbau. Bei solch einer „komplexen Situation“ käme es zu Verzögerungen bei der Antragsgenehmigung bei Ämtern, hier hätte sich die Koordination unerwartet lange hingezogen. In den Jahren 1957 bis 1999 war der Zoo-Palast die Wiege der Stars zur Berlinale. Dann zog das Festival 2000 an den Potsdamer Platz um und erweiterte sein Programm um den Teil „Panorama“ und vor allem „Generation“, welcher für Kinder und Jugendliche konzipiert wurde. 2010 schloss der Zoo-Palast seine Pforten für die Rundumüberholung.
Die Organisation der Berlinale konnte sich aber auf den Fehlstart vorbereiten. Man spreche oft mit dem Bauherrn, das Zeitproblem sei innerbetrieblich „seit einiger Zeit bekannt“, berichtete Frauke Greiner, die Sprecherin Kosslicks. Dank vorausschauender Planung war man fähig, die Verspätung einzukalkulieren. Der Festivalteil „Generation“ wird, wie in den letzten zwei Jahren, im Haus der Kulturen der Welt abgehalten. Wie nach der verspäteten Kinopremiere das Festival und das Haus 2014 zusammenkommen, werde noch geplant
Weniger ist mehr
Der erste Film, der je in den aufeinandergestapelten Sälen gezeigt wurde, war „Die Zürcher Verlobung“ von Helmut Käutner. Der Zoo-Palast hatte das Glück, für die Berlinale große Säle zu brauchen, sonst wäre ihm das Schicksal anderer Kinos nicht erspart geblieben. Während der Siebziger wurden in jenen immer mehr Wände hochgezogen, die Räume schrumpften. Das Kino in der Hardenbergstraße bekam einfach immer neue Anbauten. Diese werden die Renovierung größtenteils nicht überstehen. Die Originalsäle bleiben zwar erhalten, sehen aber auch Änderungen entgegen. Denn der größere Raum wird von 1070 Plätzen auf 850 schrumpfen. Auch die Raumanzahl sinkt. Statt der ursprünglich neun Projektionsflächen zählt das Kino künftig nur sieben, die aber gemütlicher und weitläufiger ausfallen werden. Hans-Joachim Flebbe scheint Kinos zu sammeln. Die Astor Film-Lounge am Ku’damm rief er ins Leben und agierte auch eine Weile als Vorstandschef der Cinemaxx-Kette. Nun kann der Hamburger bald den Zoo-Palst sein Eigen nennen
Auch das Nobelhotel von gegenüber kommt nicht so recht aus den Startlöchern. Schon 2011 sollte das Waldorf-Astoria im Zoofenster-Wolkenkratzer den Betrieb aufnehmen. Nun wird von einem Termin im Herbst gemunkelt. Die leere Fläche daneben, auf der einst das Schimmelpfeng-Haus stand, bekommt ein weiteres Hochhaus mit dem klangvollen Namen „Atlas Tower“ aufgedrückt. Der Bau soll 119 Meter hoch werden. Die Arbeiten zur Rohrverlegung haben am Breitscheidplatz bereits begonnen, wobei der Investor Strabag den Termin für den Spatenstich am Turm noch nicht sicher zusagen konnte.