Der Physiker Albert Einstein war seinerzeit Gast, auch der Theaterintendant Max Reinhardt oder die Fotografin Lotte Jacobi: Das Wochenendhaus von Alfred Alexander, dem Präsidenten der Berliner Ärztekammer, war um 1930 ein Treffpunkt für Berliner Künstler und Intellektuelle. Der jüdische Arzt, der sich mit seiner Privatklinik in Berlin-Mitte bei der Gesellschaft einen Namen gemacht hatte, wurde mit dem Domizil in idyllischer Lage am Groß Glienicker Seeufer vor den Toren der Hauptstadt nicht nur zum Vorreiter der Wochenendhaus-Bewegung, sondern als erster Ufer-Bewohner auch zum Mitbegründer der heutigen Siedlung Groß Glienicke, sagt Winfried Sträter, der stellvertretende Ortsvorsteher: „Bis 1927 war das ein reines Bauern- und Gutsdorf.“
Der See liegt zwischen Berlin-Spandau und dem Potsdamer Norden
1939 wurde Alexander vom Nazi-Regime ausgebürgert. Sein Sohn Hanns sollte als britischer Soldat im Jahr 1946 dem früheren Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höss auf die Spur kommen und ihn festnehmen. Über diese bemerkenswerte Geschichte hat Thomas Harding, der Urenkel von Alfred Alexander, 2013 ein Buch veröffentlicht. „Hanns and Rudolf“ wurde in England ein Bestseller und von Schriftstellerkollegen wie John le Carré und Frederick Forsyth hochgelobt. Im Sommer 2013 war Thomas Harding auf den Spuren seiner Familie auch wieder zu Besuch in Groß Glienicke. Es waren vor allem zwei Eindrücke, die er von der Reise mitnahm, wie er erzählt: „Ich war beeindruckt vom Interesse der Groß Glienicker an der Geschichte meiner Familie – aber das Haus war in erbärmlichem Zustand.“
50 Potsdamer kamen neulich zum Aufräumen
„Mit der Lage am Seeufer unweit des Radweges eignet es sich perfekt“, meint Harding. Der Verein könnte das Haus später betreiben. Über einen gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen zur Unterstützung des Vorhabens soll das Potsdamer Stadtparlament am kommenden Mittwoch entscheiden. Als die Groß Glienicker Mitte April zum Arbeits- und Aufräumeinsatz im Haus Alexander aufriefen, reiste Thomas Harding mit 13 weiteren Alexander-Nachfahren nach Potsdam. „Es war ein außergewöhnlicher Tag“, erzählt er. Um die 50 Potsdamer waren gekommen, auch Lokalpolitiker beteiligten sich. „Die gemeinsame Arbeit, das Kaffeetrinken danach waren ein wunderbares Erlebnis“, erzählt Harding. Für die Familie sei dieser Zuspruch von den Anwohnern besonders wichtig – und ein Hauptargument dafür, sich weiter für das Haus ihrer Vorfahren zu engagieren: „Dieser Prozess des Zusammenkommens, des Gesprächs miteinander, ist genauso wichtig wie die Geschichte“, sagt Harding.
Noch im Mai soll es weitergehen: Ein Gutachter soll sich ein klares Bild vom Zustand des Hauses machen – die Kosten dafür übernehmen die Alexanders, berichtet Gröning. Danach soll – in Abstimmung mit der Stadt – ein Plan für die Sanierung gemacht werden. „Von da aus müssen wir dann weitersehen, dass wir entsprechende Geldmittel sammeln und zum Beispiel bei verschiedenen Stiftungen anklopfen“, sagt Gröning. „Es wäre schön, wenn wir das Haus wenigstens schnell vor weiteren Witterungsschäden schützen könnten“, sagt Thomas Harding. Der Traum wäre die Sanierung und Eröffnung im Jahr 2016. Schon diesen Sommer aber wird Thomas Harding in Deutschland verbringen: „Ich will ein Buch über das Haus schreiben.“